harald gross-foto Harald Groß

Neue Munterrichtsmethoden

Aktivierende Lehrmethoden für die Seminarpraxis (2)

Harald Groß

Kennen Sie das auch? Sie bereiten für Ihren Kurs Übungsaufgaben vor. Bei der Aufgabenentwicklung rätseln sie: Welcher Schwierigkeitsgrad ist für die Lernenden in diesem Kurs passend? Die Methode BMW kann Ihnen und den Lernenden helfen …

Dosierte Diskrepanz

Üben und Anwenden müssen einen zentralen Platz in unseren Trainings haben. Hier wird gelernt! Bisweilen fällt es jedoch schwer, für alle Teilnehmenden Aufgaben mit dem passenden Anspruchsniveau zu finden, denn manche Lernenden stehen gut im Thema, ihnen müssten wir sehr herausfordernde Aufgaben geben. Für andere wäre das frustrierend, weil sie gerade erst ins Thema eingestiegen sind. Für optimalen Lernerfolg brauchen sie machbare Aufgaben. Die Lernforscher sprechen bei der idealen Lernaufgabe von „dosierter Diskrepanz“. Also vom gerade passenden Maß an Herausforderung für die einzelnen Lernenden. Wie können wir die aber in einer gemischten Lerngruppe für möglichst viele ermöglichen?

Bequem – Mutig – Waghalsig (BMW)

Die Munterrichtsmethoden BMW kann hilfreich sein. Wir lernen sie in einer EDV-Schulung kennen. Der Dozent, Herr Sigel, erklärt: „Die wichtigsten Funktionen in Outlook haben Sie jetzt kennen gelernt. Nun ist ein wenig Übung nötig. Ich habe Ihnen 3 verschiedene Aufgaben mitgebracht. In diesem Umschlag hier finden Sie eine Aufgabe für Bequeme. Wenn Sie diese Aufgabe wählen, können Sie sich einer Sache gewiss sein: Es wird Ihnen gut gelingen, die Aufgabe zu lösen. Ich bin sicher, dass Sie mit Ihrem Know-how und dem, was Sie hier heute gelernt haben, sehr gut zum Ziel kommen werden.“

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Herr Sigel legt den Umschlag zur Seite und hält einen zweiten hoch. Dieser hat die Aufschrift ‚Für Mutige‘. „Sie können sich auch für diese Aufgabe entscheiden. Eine Aufgabe für Mutige. Da ist schon etwas Mumm gefordert. Hier werden Sie sich ins Zeug legen müssen, um die Nuss zu knacken. Wer also Lust auf eine kleine Mutprobe hat, greift hier zu.“

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Herr Sigel greift einen dritten Umschlag. „Und jetzt kommt noch eine Möglichkeit, bei der ich Ihnen allerdings nur zur Vorsicht raten kann.“ Er hält den Umschlag ‚Für Waghalsige‘ hoch. „Hier steckt eine Aufgabe drin, bei der Sie sich ordentlich die Zähne ausbeißen können. Das kann Sie um Kopf und Kragen bringen. Ich empfehle Ihnen nicht, hier zuzugreifen. Natürlich entscheiden Sie selbst. Aber sagen Sie nachher nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt!“

Unruhe kommt auf. „Welche Aufgabe soll ich wählen?“, überlegen die Teilnehmenden. Herr Sigel ergänzt: „Am besten, Sie suchen jetzt in der Gruppe eine Person, mit der Sie sich dann für eine der Aufgaben entscheiden. Kommen Sie ins Gespräch und schauen Sie, wer Ihre Präferenz teilt. Wenn Sie einen Partner oder eine Partnerin gefunden haben und sich gemeinsam für eine der Aufgaben entschieden haben, holen Sie sich hier den Umschlag Ihrer Wahl. Finden Sie für sich einen gemeinsamen Arbeitsplatz. Alles Weitere steht dann in Ihrem Aufgabenumschlag. Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen!“

BMW – das ist eine schöne Methode zur selbständigen Aufgabenbearbeitung, die den Lernenden stark differierende Wahlmöglichkeiten anbietet. Die Vorbereitung von 3 verschiedenen Aufgabentypen pro BMW-Anwendung ist zwar etwas aufwändiger für uns Lehrende. Sie lohnt sich aber vor allem dann, wenn Sie bestimmte Themen mehrfach unterrichten.

Zunächst profitieren Ihre Teilnehmenden davon. Denn sie können entscheiden und so auch selbst erfahren, welcher Schwierigkeitsgrad für sie gerade am besten passt. Das fördert nicht nur die jeweils individuell ausgeprägte Motivation – es ermöglicht auch gute Lernfortschritte, wenn die Lernenden mit den Aufgaben arbeiten können, die für sie im Moment das optimale Maß an Herausforderung bieten. Auf lange Sicht kommt es aber auch Ihrem Lehrerfolg mit einer bestimmten Gruppe zugute, wenn Sie frühzeitig herausfinden, was die einzelnen Mitglieder am ehesten motiviert und leicht lernen lässt.

Literaturtipps und mehr

Das Lernen auslösen – darin liegt die Hauptaufgabe von uns Lehrenden. Doch wie gelingt es gut und effektiv, den Lernprozess in Gang zu bringen, am Laufen zu halten und zum Erfolg zu führen? Noch dazu bei sperrigen Themen? Antworten auf diese Fragen finden Sie im Band 2 meiner Munterrichtsmethoden. Alle dort vorgestellten Wege sorgen dafür, dass sich die Lernenden aktiv mit dem Lernstoff auseinandersetzen. Das Schöne dabei – die Methoden sind ganz einfach: Sie brauchen wenig Zeit und wenig Material, sie lassen sich leicht erklären und auf viele Themen und Situationen übertragen. Und wie von Teil 1 gewohnt, bringen die Methoden eine Portion Leichtigkeit in den Seminarraum. Endlich munterer Methodennachschub: Mit dem erweiterten Methodenrepertoire bringen Sie Ihre Teilnehmenden zum Lernen – und zum Lachen natürlich auch!

Munterrichtsmethoden, 22 aktivierende Lehrmethoden für die Seminarpraxis, Schilling Verlag, www.orbium.de

Die Munterrichtsmethoden erleben: in der Schweiz, in Berlin und in Wien finden in nächster Zeit Seminare zum Thema statt. Mehr zu den Terminen unter www.orbium.de 

Der Autor: Harald Groß

ist Geschäftsführer und Trainer der Firma Orbium Seminare Berlin. Er bildet Trainer, Dozenten, Ausbilder und Hochschullehrer aus. Lern- und Lehrmethoden sind seine Leidenschaft, die Entwicklung immer neuer munterer Methoden sein Vergnügen. Neben den „Munterrichtsmethoden“ erschienen im Schilling Verlag die Bände „Munterbrechungen“, „Von Kopf bis Fuß auf Lernen eingestellt“ und „Lernlust statt Paukfrust“, ein Buch über die individuell unterschiedlichen Varianten der Selbst-Motivation.


Orbium Seminare Berlin
Gierkezeile 38
10585 Berlin
Tel.: 030 290 446 17
www.orbium.de

Auch in den nächsten Ausgaben des TrainerJournals stellen wir Ihnen jeweils eine der neuen Munterrichtsmethoden vor. Viel Spaß mit den Kostproben: beim Lesen - und Anwenden!

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