Gerhard und Oliver Reichel Gerhard und Oliver Reichel

Ist Horst Köhler ein guter Redner?

Überzeugungskraft durch Glaubwürdigkeit

von Gerhard und Oliver Reichel, Institut für Rhetorik, Forchheim*

Wenige Tage nach der Wiederwahl durch die Bundesversammlung kann Amtsinhaber Horst Köhler auf breiten Zuspruch der Bevölkerung bauen - gut drei Viertel ist mit Horst Köhler als Staatsoberhaupt zufrieden. Woher kommt diese breite Zustimmung? Liegt sie vielleicht auch daran, dass Horst Köhler ein guter Redner ist? Wir meinen: Ja! Viele, die sich mit Rhetorik auskennen, mag dieses Urteil vielleicht überraschen.

Wie würden auf Sie Piercings auf den Lippen und Augenbrauen eines braven Verwaltungsbeamten wirken? Irgendwie deplatziert? Ähnlich würde es unserem Bundespräsidenten Horst Köhler ergehen, würde er plötzlich sehr euphorisch und mitreißend reden. Wir sind von ihm gewohnt, dass seine Reden zwar sachlich, gleichzeitig aber auch ein wenig steif und emotionslos sind. Aber er wirkt glaubwürdig. Und genau das ist seine größte Stärke.

Horst Köhler wirkt als Redner absolut glaubwürdig

Glaubwürdigkeit war z. B. auch seine große rhetorische Stärke bei seiner 4. Berliner Rede am 24. März 2009. Ein Auszug: „Ich will Ihnen eine Geschichte meines Scheiterns berichten. Es war in Prag, im September 2000. Ich war neu im Amt als Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds. ... Die Entwicklung auf den Finanzmärkten bereitete mir Sorgen. Ich konnte die gigantischen Finanzierungsvolumen und überkomplexen Finanzprodukte nicht mehr einordnen. ... Ich wunderte mich, dass sich die G7-Staaten nur zögerlich einer Überprüfung ihrer Finanzsektoren unterziehen wollten... Jetzt sind die großen Räder gebrochen, und wir erleben eine Krise, deren Ausgang das 21. Jahrhundert prägen kann...Meine Damen und Herren, schauen Sie sich um in dieser Kirche. Sie spricht zu uns bis heute über das Werk der Zerstörung, das Menschen anrichten können. Aber sie sagt auch: Wir können immer einen neuen Anfang schaffen. Es liegt an uns.“

Warum wirkte er glaubwürdig? Er erfüllte das rhetorische Kriterium der Angemessenheit in dreifacher Weise:

1. Er war angemessen in Bezug auf die Sache. Die Finanzkrise mit all ihren negativen Folgen für die Bürger verlangt sachliche Demut statt charismatische Euphorie.

2. Er war angemessen im Bezug auf den aktuellen Rede-Ort (die zerbombte Berliner St.-Elisabeth-Kirche)

3. Er war angemessen in Bezug auf seinen Charakter. Dadurch, dass er – anders als Gesine Schwan - keine Ängste schürte, ernsthaft argumentierte, wirkte er authentisch und natürlich. Er zeigte sich als Mann mit einem klaren Kompass fürs Wünschenswerte und Machbare, als Mann mit viel Erfahrung und anständiger Gesinnung, als einer, der die Scherben auflesen und soziale Marktwirtschaft wieder in eine neue, bessere Form überführen kann.

Horst Köhler nutzt drei rhetorische Überzeugungsmittel

Wir wissen von Aristoteles, dass einem Redner drei unterschiedliche Überzeugungsmittel zur Verfügung stehen:

  1. Die rationale Sachargumentation (logos), d. h. ein Redner muss Sachkompetenz ausstrahlen.
  2. Sein Charakter/Image (ethos), d. h. ein Redner muss moralische Rechtschaffenheit ausstrahlen.
  3. Das Erzeugen von Emotionen und Affekten im Publikum (pathos).

Das Erzeugen von Emotionen und Begeisterungsstürmen nach Art eines Barak Obama gehört sicherlich nicht zu den großen Stärken unseres Bundespräsidenten. Und man kann selbstverständlich für oder gegen seine politischen Positionen sein. Aber er ist kompetent in der Sache, moralisch rechtschaffen und wohlwollend gegenüber den Bürgern. Der Mann, der für sein anständig-bodenständiges Image bisher oft belächelt wurde, tritt in diesen Tagen als jemand auf, dessen Vorstellungen und Vorschläge großes Veränderungspotential zur Meisterung der Finanzkrise ausstrahlen. Genau deshalb ist Horst Köhler für uns ein guter Redner.


* Gerhard Reichel, Institut für Rhetorik, Forchheim, hat sich in mehr als 30 Jahren einen exzellenten Ruf als Rhetorik-Trainer erarbeitet. Unternehmer, Politiker und Führungskräfte schätzen das Know-how und die Persönlichkeit des mehrfachen Buchautors und gefragten Referenten. Sein 1975 gegründetes Institut für Rhetorik zählt mittlerweile zu den ersten Adressen Deutschlands. Die Teilnehmer lernen, in Kleingruppen souverän zu kommunizieren, lebendig zu reden und gehen damit als Persönlichkeit gestärkt neue Wege. Seit 1997 ergänzt Oliver Reichel mit den Spezialgebieten Rhetorik und Mnemotechnik das Programm, denn nur mit einem unschlagbaren Gedächtnis wird der Traum, ein Redner mit Ausstrahlung zu werden, auch Wirklichkeit.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Gerhard Reichel, Institut für Rhetorik, Goethestraße 1, 91301 Forchheim, Tel.: 09191/89501, Fax: 09191/2801, per Email reichel.seminare@t-online.de oder online unter http://www.gerhardreichel.de

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