eike rappmund

Auszug aus „Heul nicht rum, coach Dich selbst“

Eigenverantwortung

Eike Rappmund

Ein Leben lang haben wir gelernt, dass es immer jemanden anderen oder etwas anderes gibt, dem man die Verantwortung für das eigene Erleben übertragen kann. Sei es der Partner, Chef oder Arbeitskollege, die Situation, das Schicksal oder der liebe Gott. Alle bieten eine hervorragende Möglichkeit, sich vor der eigenen Verantwortung zu drücken. Das fällt zwar leichter und bedarf weniger „neuronaler Energie“, wird aber niemals weiterführen. Für Dein Selbstführungstraining bedeutet das: Ohne eine klare Entscheidung für Deine Eigenverantwortung wird Dein Selbstführungstraining gegen die Wand laufen!

Wahrzunehmen, dass man selbst es ist, dem gerade etwas nicht in der Art gelingt zu erleben, wie man es sich denn eben wünscht, ist für viele Menschen schon ein riesiger Schritt. Zumindest dann, wenn man davon absieht, Situationen oder Andere in die Verantwortung zu zwingen. Beginnt man, sich ausschließlich selbst als Schöpfer seiner Realität zu verstehen, ist das wahrlich ein gewaltiger Schritt.

Immer und immer wieder werden wir uns das fragen müssen: Wer ist gerade der Schöpfer meines Erlebens? Ganz gleich ob wir die Antwort schon vorher kennen oder nicht. Sicher, als Kind oder auch noch als Jugendlicher stellt sich die Antwort auf diese Frage etwas anders dar. Wir können nichts dafür, in welchen Lebensumständen wir aufwachsen. Wir haben sie uns nicht ausgesucht (zumindest so lange nicht, solange wir nicht eine spirituelle Perspektive noch mit hinzuziehen). Geschichten aus der Kindheit tragen daher meist auch den Charakter vom Gefühl der Abhängigkeit und des Ausgeliefertseins. Das prägt Denk-, Wahrnehmungsstrukturen und Verarbeitungsrituale, wie wir der Welt und unserem Leben später begegnen werden. Aber schon ein paar Jahre später wird es schwierig, dieses Erklärungsmodell noch mit gleicher Inbrunst zu vertreten. Mit Mitte zwanzig oder dreißig wird es irgendwann komisch, immer noch die Eltern und die Kinderstube in die Verantwortung für sein eigenes Erleben heute zu ziehen. Es kann einem dann manchmal so vorkommen, als ob man ein Leben lang die eigenen Eltern niemals aus der Erziehungsverantwortung entlassen hätte. Geschweige denn, es jemals überhaupt gewollt hätte!

Aber es muss ja nicht immer nur die Kinderstube sein. Oftmals delegieren wir die Verantwortung ja viel lieber auf unseren Chef, unseren Arbeitsplatz überhaupt, auf unseren Partner, die Familie, Freunde, die Gesellschaft, den Staat beziehungswiese die Politik. So hört man in diesem Kontext oft den Satz, dass es so scheint, als ob wir eine Gesellschaft von Teenagern wären. Ein System von Menschen eben, die in letztendlicher Entscheidung nicht die Verantwortung für ihr eigenes Erleben übernehmen wollen. Die sich lieber im Widerstand gegen ein „Feindbild“ verstricken und an dessen Auswirkungen leiden, anstatt sich um seine eigene Lebendigkeit zu sorgen und es selbst wieder in die Hand zu nehmen.

Eigenverantwortung verändert nicht nur die Perspektive, sondern auch das emotionale Erleben! Wahrzunehmen, dass man selbst die Verantwortung über sein Erleben trägt, ist wahrlich ein großer Schritt. Damit mag zwar noch kein einziges Problem gelöst sein, damit wird nicht der Chef plötzlich zur sozialverträglichsten Führungspersönlichkeit, die man sich nur vorstellen kann, und auch der Partner wird nicht zum einfühlsamsten Wesen der Welt, aber vielleicht ist es dann auch nicht mehr nötig, Mitgefühl und Sozialverhalten auf einen Dritten zu projizieren? Vielleicht hat genau dieser Schritt, sich selbst wieder als Schöpfer seines eigenen Erlebens zu akzeptieren, ja auch die Perspektive verändert, in der man nun seine Mitspieler im System sieht?

Ein ganz faszinierender Gedanke

Was ich Dir damit anbieten möchte, ist ein ganz faszinierender Gedanke. Mit der Möglichkeit, eine selbstbestimmte Perspektive auf sich und seinen Alltag einzunehmen, drängt sich sofort etwas Neues mit ins Leben: die Frage nach einem Erklärungsmodell. Wenn man akzeptieren kann, all die Dritten aus ihrer Verantwortung zu entlassen, dann braucht man auch eine Erklärung, eine Begründung dafür. Eine gute.

Nur mit der esoterischen Phrase der Selbstbestimmung herumwedeln, mag den einen und anderen womöglich noch nicht hinter dem Ofenrohr herauslocken. Und das ist auch gut so. Das führt uns nämlich weiter, das führt uns tiefer. Man wird nach einem Modell suchen müssen, das zu erklären vermag, warum man in diese Projektionsfalle getappt ist. Das einem erklären kann, welches Stück eigener Hirnmechanik einen denn da geritten hat und für was das gut war. Auf diesem Weg begegnen wir unseren Bedürfnissen. Wir beginnen zu verstehen, welche Verarbeitungsrituale (erlernte oder vererbte) bisher die Aufgabe übernommen haben, diese zu befriedigen. Wir erkennen unsere Muster und Bedürfnisse und verstehen damit auch unsere Projektionen. Damit passiert vor allem eines, wir schulen ganz unmerklich unsere Selbstführung. Sozusagen als „Side Effect“, als Nebenwirkung.

Psychologisches Wissen erleichtert es einem, die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.

Viel effektiver, als unendlich viele einzelne Strategien zum Zeitmanagement, zur Gesprächsführung oder zur Einflussnahme einzustudieren, ist der Weg über Selbstwahrnehmung und Verständnisprozess. Man kommt nicht mehr in Verlegenheit, einzelne „Defizite“ mit Gegenstrategien zu bekämpfen, sondern fördert einen ganzheitlichen, stimmigen Entwicklungsprozess. Dafür bedarf es Erklärungsmodelle, die vor allem in diese Richtung wirken. Die Licht ins Dunkel der eigenen Verarbeitungsrituale bringen und damit verdeutlichen, dass man es tatsächlich selbst in der Hand hat. Diese Art Erklärungsmodelle bieten uns nahezu alle psychologischen Disziplinen. Ob es die Sozialpsychologie, Soziologie, die Kognitionsforschung, Hirnforschung oder welche auch immer ist, alle können vor allem genau das tun: Erklären, wieso wir ticken, wie wir ticken. Wir bekommen tieferen Einblick in die Funktionsweise von uns Menschen und damit auch wieder Handlungsspielraum. Wir sind nicht mehr der Willkür einer Situation oder eines Dritten ausgeliefert, sondern können wahrnehmen, wie da was in uns zu arbeiten beginnt, können eingreifen und das (emotionale) Ergebnis beeinflussen.

Das ist nun auch der Grund, warum ich bisher so viel Zeit in all die vielen, besonderen psychologischen Effekte investiert habe. Sicher, zum einen können sie uns dabei helfen, unsere Sozialpartner besser zu verstehen, zum anderen aber helfen sie uns vor allem dabei, uns selbst besser erklären zu können. Können wir wahrnehmen und verstehen, welche Hirnmechanik mit welchen Ergebnissen in uns so rattert, ist es ein Leichtes, sich selbst zu führen, Wahlmöglichkeiten aufzutun und wieder Einfluss auf das eigene Geschick zu nehmen. Das ist eine strukturelle Perspektive, keine inhaltliche, wie Du merkst. Mir geht es darum, mehr das Augenmerk auf all die kleinen und großen Wirkgrößen in uns zu richten, als sich in Backrezepten zu verlieren. Diese haben sich ja zur Aufgabe gesetzt, es verzweifelt irgendwie hinzubringen, aus vielen kleinen Bruchstücken wieder ein Ganzes zu kneten, nicht aber den Bäcker schulen. Backrezepte gehen von Ursache und Wirkung aus, nicht aber von einer selbstbestimmten und kompetenten Wechselwirkung. Genau die ist es aber, um die es mir geht. Ich will ein kompetenter Bäcker sein, der, ganz egal was er in der Küche findet, immer daraus etwas Feines backen kann. Ich will mich nicht in Rezepten verlieren, bei denen mir immer etwas fehlen wird, die nie ganz meinen Geschmack treffen oder die Gefahr bergen, nicht aufzugehen, kaum vergisst man irgendeinen Punkt auf der Liste abzuarbeiten. Ich will als Bäcker wachsen und nicht nach einer verlorenen Rosine auf dem Küchenboden suchen. ....

Literatur-Empfehlungen

  • (Praxis-)Handbuch Manipulation
    Mentalmagie aus der Welt der
    Hirnforschung, Psychologie und Hypnose
    Eike Rappmund
    tredition-Verlag 2014
  • Workbook Manipulation
    Regelmäßig erscheinende Arbeitshefte zum Thema Manipulation zu beziehen bei Amazon oder auf der Website zum Buch

Weitere Informationen zum Thema

www.handbuch-manipulation.de 

Der Autor: Eike Rappmund

Jg. 1973, Vater von drei Kindern, Dipl. Sozial-Päd., Trainer für NLP (DVNLP & SoN), nlpK, Hypnosetherapie, Marketing und Kommunikation, beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit Autonomiekonzepten für einen verlebendigenden Umgang mit der eigenen Psyche. Als Trainer, Coach und Therapeut in eigener Praxis, wird er als humorvoller und anregender „Erklärbär" gerne gebucht. Inspiriert von einem Schulungsauftrag bei den Spezialeinsatzkräften der Polizei, schrieb er sein Buch: „Handbuch Manipulation" das schon kurz nach Veröffentlichung als Bestseller bei amazon und Co. gelistet wurde. Seine regelmäßig erscheinenden Arbeitshefte rund um das Thema Manipulation und Einflussnahme erfreuen sich einer stetig wachsenden Leserschaft. Der konkrete Bezug zur erlebten Lebenswirklichkeit, gemischt mit einer großen Portion Humor, mit der man gerne einmal über sich selber lacht, zeichnen seine Arbeit aus.

Eike Rappmund
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Wenn Sie neugierig sind, finden Sie in meinem Handbuch, den Arbeitsheften des Workbooks, auf meiner Website oder auf Facebook regelmäßig weiterführende Informationen rund um das Thema Manipulation und Einflussnahme. Ich freue mich, über Ihr Interesse.

* Auflösung des Rätsels im Internet