Margret Richter

Komplexitätsfallen im Projektmanagement

Die Kunst, Komplexität zu erkennen und Fallen zu vermeiden

Die tief greifenden Umbrüche in der Wirtschaft konfrontieren alle Unternehmen mit komplexen Herausforderungen. Häufig werden diese in Projektarbeiten angegangen. Doch oft behindern Komplexitätsfallen deren Erfolg. Diese müssen erkannt und vermieden werden. Eine systemorientierte Vorgehensweise ist dazu erforderlich.

Ein Projekt sowie das Unternehmen, in dem das Projekt umgesetzt werden soll, stellen wie jeder Organismus ein komplexes System dar, das offen ist und mit der Umwelt interagiert. Aufgrund der Vernetzung sind alle Arbeitsbereiche und die Umwelt direkt oder indirekt betroffen. Die Kenntnis der einzelnen Komponenten reicht nicht aus, um das Ganze zu beschreiben. Die Beziehungen zwischen den Teilen sind ebenso wichtig wie die Teile selbst. Allein aus der Kenntnis der Teile läßt sich das Ganze nicht konstruieren. Ein komplexes System ist mehr als die Summe seiner Teile.

Komplexitätsfallen im Projektmanagement

Die Abwicklung der Projekte erfolgt selten planmäßig. Die Komplexität eines Projektes und damit die starke Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen und der dynamische Kontext gefährdet dessen erfolgreiche Abwicklung. Komplexitätsfallen behindern den Erfolg der Projekte. Allzu viele Projektbeteiligte arbeiten in komplexen Handlungssituationen zu häufig gegen das System und machen Fehler.

1. Falsche Zielbeschreibung:

Viele Projektbeteiligte meinen, Probleme seien objektiv gegeben und müssten nur noch klar formuliert werden. Wir betrachten ein Problem aufgrund unserer Wahrnehmung und versuchen, es darzustellen. Diese wird beeinflusst von unserer Erziehungs- und Lerngeschichte.

Fazit:

Es müssen immer Standpunkte aus mehreren unterschiedlichen Perspektiven eingenommen werden.

2. Unvernetzte Situationsanalyse

Oft versuchen Projektbeteiligte, Einzelprobleme zu lösen anstatt das gesamte System und dessen Umfeld zu analysieren. Sie tasten das System ab, bis ein Missstand gefunden wird und beseitigen diesen. Danach suchen und beseitigen sie den nächsten Missstand, der unter Umständen bereits eine Folge des ersten Eingriffs darstellt. Sie bekämpfen Symptome und suchen nicht nach Ursachen.

Fazit:

Alle Einflussgrößen müssen auf ihre gegenseitige Wirkung hin untersucht werden. Erforderlich ist ein Denken in Kreisläufen. Für den Projekterfolg wichtig ist, die Ursachen der Probleme ausfindig zu machen anstatt die Symptome zu bekämpfen.

3. Irreversible Schwerpunktbildung

Häufig versteifen sich Projektbeteiligte auf einen vermeintlichen Schwerpunkt, der sich in der ersten Betrachtung als richtig erweist. Aufgrund der ersten Erfolge leiten sie andere Probleme und Aufgaben von ihm ab. Dadurch bleiben weitere oder wichtigere Missstände und Probleme unentdeckt. Falsche Entscheidungen aufgrund falscher Schwerpunktbildung sind die Folge.

Fazit:

Die Projektbeteiligten sollten die Situation immer wieder überdenken und auf unterschiedliche Arten erfassen.

4. Unbeachtete Nebenwirkungen

Befangen im linear-kausalen Wenn-Dann-Denken, gehen Projektbeteiligte bei der Suche nach Lösungen oft sehr zielstrebig vor. Sie glauben, aus Erfahrung beurteilen zu können, wie sich Veränderungen der Umweltfaktoren auf die Problemsituation auswirken.

Fazit:

Die Projektbeteilgten sollten regelmäßig alle Umwelten beobachten und Szenarien durchspielen. Nur so gelingt es ihnen, das Ganze zu erfassen und sich nicht im Detail zu verlieren.

5. Tendenz zur Übersteuerung:

Das Hauptproblem der Projektverantwortlichen bei allen Massnahmen ist, die zeitliche Verzögerung miteinzubeziehen. Zunächst versuchen sie, mit kleinen Eingriffen Lösungen herbeizuführen. Führen diese nicht zu messbaren Verbesserungen, greifen sie stärker ein. Durch die Zeitverzögerungen wurden die ersten kleinen Eingriffe wirksam und schaukeln sich mit den kräftigen auf.

Fazit:

Die Projektverantwortlichen sollten die Gesetzmäßigkeiten komplexer Systeme berücksichtigen.

6. Tendenz zu autoritärem Verhalten

Die Macht, das System verändern zu können und der Glaube, es durchschaut zu haben, führen zu einem überheblichen Verhalten. Das ist für komplexe Systeme ungeeignet. Ein absolutes Vorgehen dient nur der Symptombekämpfung.

Fazit:

Die Projektverantwortlichen sollten die einmal erarbeiteten Problemlösungen ständig überwachen, neu bwerten und an die veränderten Gegebenheiten anpassen.

Komplexitätsfallen vermeiden

Die Projektführung ist gefordert, einerseits die zunehmende Komplexität zu erfassen und andererseits überraschende Entwicklungen schnell und umfassend in die Überlegungen miteinzubeziehen. Mit linearem Denken sind diese Herausforderungen nicht zu bewältigen. Erforderlich ist ein systemorientiertes Vorgehen im Projektmanagement. Dieses ist umso wichtiger, je höher die Projektanforderungen sind und je einschneidender die negativen Auswirkungen auf das Unternehmen bei Nichterreichen der Projektziele sind.

 

Margret Richter


 

 

 

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