Andreas Blessing Andreas Blessing, Unternehmer, Trainer, Coach, Keynotesprecher

So entstehen Hoch-Leistungs-Teams

Andreas Blessing

In der europäischen Business-Welt gibt es vielfältige Angebote für Management- und Führungstechniken und professionelle Mitarbeitergespräche. Obwohl viele dieser Angebote eine hervorragende Qualität bieten, taucht immer wieder ein Problem auf. Immer wieder sind Frust und Unzufriedenheit sowohl auf Seiten der Mitarbeiter als auch auf Seiten der Manager / Führungskräfte zu beobachten. Gleichzeitig bleiben die Ergebnisse hinter den berechtigten Erwartungen zurück. „Es läuft einfach nicht rund“ ist eine der Aussagen, die in solchen Fällen zu hören ist.

Eine Ursache ist die folgende: Die meisten Angebote zielen auf 1:1 Situationen ab und sind sehr wichtig. Gleichzeitig verbringen Führungskräfte viel Zeit, oft mehr als 75%, in Situationen mit 2 oder mehr Menschen, also mit Gruppen. Diese Gruppen können sowohl innerhalb des Unternehmens, als auch außerhalb des Unternehmens (Kunden, Lieferanten) zu finden sein.

Für eine Führungskraft ist es heute wichtiger denn je, Menschen entwickeln und aus ihnen effektive und effiziente Teams machen zu können. Mal eben eine Teambuildung-Maßnahme zu machen kann helfen, stellt allerdings nur selten eine dauerhafte Lösung dar. In manchen Fällen kann ein Teambuilding-Event sogar regelrecht kontraproduktiv sein.

Um dies zu verstehen muss man Gruppen verstehen. Gruppen sind lebende Gebilde, die sich in Bezug auf Größe, Zweck, Aufgabe, Mitglieder, Entwicklungsphase, etc. voneinander unterscheiden. Die Aufgabe einer Führungskraft ist es nun, aus einer Gruppe von Individuen ein Hoch-Leistungs-Team zu machen. Dazu braucht es, wie immer, ein gewisses Wissen und bestimmte Fähigkeiten.

Die Anforderung einer Führungskraft in einem Satz ausgedrückt lautet: Die Führungskraft als Spezialist für Hoch-Leistungs-Teams.

„Die wichtigste Funktion einer guten Führungskraft ist es, der Gruppe zu helfen, durch die verschiedenen Entwicklungs-Phasen zu kommen“ (aus „The One Minute Manager builds High Performing Teams“ von Ken Blanchard)

Der Weg einer Gruppe von Individuen zu einem Hoch-Leistungs-Team verläuft in vier Phasen.

Phase 1 – Orientierung

  • Die Produktivität ist gering, weil
  • die Ziele und Aufgaben für die Gruppenmitglieder noch unklar sind.
  • Die Gruppenmitglieder haben minimales Wissen und geringe Fähigkeiten darüber, wie sie als Team funktionieren können (und müssen).
  • Die Moral ist hoch, da zu Beginn alle begeistert darüber sind Teil der Gruppe zu sein.
  • Die Erwartungen der Gruppe an sich selbst sind hoch.
  • Führungsstil: richtunggebend

Phase 2 – Unzufriedenheit

  • Die „Flitterwochen“ sind vorbei und der Alltag ist eingetreten.
  • Es wird realisiert, dass die anfänglich hohen Erwartungen der Gruppe schwerer zu erreichen sind als angenommen.
  • Manche Gruppen starten in dieser Phase. U.a. deshalb, wenn die Gruppenmitglieder nicht freiwillig Teil der Gruppe sind oder, wenn es sich um eine heikle Aufgabe handelt, die die Gruppe zu bewältigen hat.
  • Führungsstil: aushaltend

Viele Gruppen bleiben in dieser Phase stecken. Dies führt oft zu der irrtümlichen Schlussfolgerung, dass die Arbeit mit Teams bzw. auf Teamwork zu achten reine Zeitverschwendung sei.

Phase 3 – Fortschritt

  • Die Gruppe lernt zusammen zu arbeiten, Differenzen auszuräumen und Zuversicht und Zusammenhalt aufzubauen.
  • Führungsstil: ermutigend

Phase 4 – Produktivität

  • Das Team brennt.
  • Die Produktivität ist hoch, weil
  • die Gruppenmitglieder sowohl das Wissen und die Fähigkeiten haben
  • als auch die Moral, die ein Hoch-Leistungs-Team braucht.
  • Führungsstil: abgebend

Beispiel für schlechte Führung: Eine Führungskraft übernimmt die Leitung einer neu zusammengestellten Gruppe. Sein Führungsstil ist ein partizipierender Stil, ähnlich dem Stil, der für Phase 3 adäquat ist. Die Folge davon ist, dass die Gruppe in atemberaubender Geschwindigkeit in Phase 2 - Unzufriedenheit - landet. Als der Leiter dies realisiert, wird er ärgerlich und schwenkt sofort auf einen direktiven Stil, ähnlich dem in Phase 1, um. Sein Gedanke lautet: „Wenn meine Leute mit Freiheit nicht umgehen können, dann werden die Zügel eben angezogen …“  Dies macht die Gruppe noch wütender und unglücklicher. Nach einiger Zeit lässt die Führungskraft die Zügel „lieber wieder locker“, um sie dann später doch wieder anzuziehen, usw. Die Gruppe hat keine Chance, aus diesem Dilemma heraus zu kommen. Phase 2 ist zementiert. Potenzial geht verloren und die Gruppe wird nie zu einem Hoch-Leistungs-Team.

Die Entwicklung von einer Gruppe, die aus unterschiedlichen Individuen besteht, zu einem Hoch-Leistungs-Team, verläuft idealtypisch wie folgt:

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Ob sich eine Gruppe von Menschen zu einem Hoch-Leistungs-Team entwickelt, hängt entscheidend von der Führung ab. Dabei ist in jeder Phase ein anderer Führungsstil erforderlich. Durch die Anpassung des Führungsstils werden die verschiedenen Phasen durchlaufen und enden in Phase 4, dem Hoch-Leistungs-Team.

Zusammengefasst sind die Aufgaben der Führungskraft bzw. des Gruppen/Team-Leiters die folgenden:

  • Erkennen, in welcher Phase sich eine Gruppe befindet.
  • Anwenden des entsprechenden Führungsstils.
  • Befähigung des Teams = allmähliche Übertragung der Führung, Verantwortung und Unterstützung vom Leiter an das Team.

Hat der Leiter diese Fähigkeiten nicht bzw. kann sie nicht korrekt anwenden, dann wird die Gruppe nie als funktionierendes Team arbeiten können. Hat der Leiter diese Fähigkeiten, wird eine Gruppe perfekt als Team funktionieren.

Beispiel: „Eine Führungskraft beschwert sich beim Vorgesetzten: „Ich bin völlig überarbeitet. In meiner Abteilung bin ich für alles verantwortlich und kann mit der Arbeitslast kaum noch Schritt halten.“

Antwort des Vorgesetzten: „Ich glaube, Sie verstehen nicht, worum es geht. Ihre Aufgabe ist es, ihre Leute so zu entwickeln, dass diese Willens und in der Lage sind Verantwortung zu übernehmen und ihnen Gelegenheit zu geben, dies unter Beweis zu stellen.“

In allen Phasen muss sichergestellt sein, dass jemand (Leiter oder Gruppenmitglied – je nach Phase) auf folgende Punkte achtet:

Inhalt:        

- Das „Was“
- Aufgaben erfüllen
- Agenda festlegen
- Ziele aufstellen
- Diskussionen in Gang setzen
- Zeit beachten
- Informationen bereitstellen und einfordern
- Zusammenfassen

Prozess:      

- Das „Wie“
- Funktionieren des Teams
- Harmonie im Team entwickeln und halten
- Zusammenhalt
- Anerkennung
- Gegenseitiges Zuhören
- Teilnahme fördern
- Konfliktlösung
- Beziehungen gestalten

Hoch-Leistungs-Team: Die Art wie ein Team zusammenarbeitet, entscheidet über das Ergebnis, das dieses Team erreicht. Das heißt der Prozess dominiert den Inhalt.

Welche Frage wird in der Praxis öfters gestellt: Wie arbeitet das Team zusammen? - oder - Was hat das Team erreicht?

Sobald der Fokus nur auf das Ergebnis gerichtet ist, betreibt man Symptombekämpfung. Sobald der Fokus auf den Prozess gerichtet wird, befasst man sich mit den Ursachen.

Was bringt wohl mehr nachhaltigen Erfolg? Wie sieht die aktuelle Realität aus? Evtl. ist Umdenken angesagt! (Andreas Blessing)

Teamtuning bildet Führungskräfte zu Spezialisten für Hoch-Leistungs-Teams aus.

Das Besondere: Die Menschen lernen am Arbeitsplatz. Um die Theorie zu lernen und gleich praktisch zu trainieren, finden zwar 2 Trainingstage im Seminarraum statt. Ab dann heißt es allerdings nur noch „Learning on the job“. Der Alltag ist die mit Abstand effizienteste Lernumgebung. Schließlich lernt man den Umgang mit Gruppen am besten im Umgang mit Gruppen.

Das heißt,

1.    keine Teilnehmerdiskussion im Sinne von „aber in der Realität ist alles anders“, denn wir arbeiten in und mit der Realität.

2.    es werden beim Lernen gleich konkrete Resultate erzielt, die die entsprechende Gruppe und damit auch das Unternehmen voran bringen.

3.    - und das kann gar nicht hoch genug eingestuft werden - es entsteht durch das Lernen im Unternehmen keine Ausfallzeit, sondern gleich Produktivität. 

 

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn auch Sie das spannende Thema „So entstehen Hoch-Leistungs-Teams“ interessiert, freue ich mich über Ihre Rückmeldung. Kooperationen stehe ich grundsätzlich sehr offen gegenüber.

 

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