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Suggestopädie und Superlearning

Suggestopädische Lehrverfahren auf dem Prüfstand

Walter Edelmann

asanger Verlag GmbH 2007, 7. neu ausgestattete Aufl. 2007, 139 S., Euro 18,-

Superlearning, Suggestopädie bzw. suggestopädische Lernverfahren haben die Optimierung des Lernens durch "Lernen im Alpha-Zustand" zum Ziel. Man soll schneller lernen und besser behalten können, und es soll eine "ganzheitliche Entfaltung der Person des Lernenden" möglich werden.

Grundlage für die unterstellte Veränderung von Lernenden und Lernen durch diese "revolutionäre Lernmethode" – so die Versprechungen – sind:
• bewußter Einsatz von Autorität und Vertrauen in der Beziehung zwischen Lehrer und Schüler,
• Anwendung suggestiver Methoden,
• Schaffen von Erfolgszuversicht,
• Entspannungsübungen und entspannte Lernatmosphäre,
• Einsatz von Musik.

Der Autor gibt einen fundierten Überblick über hirnbiologische Grundlagen von Lernen, Gedächtnis und menschlicher Informationsverarbeitung (Hemisphärenspezialisierung) mit einer differenzierten Bewertung der empirischen Befunde zu den behaupteten Lernerfolgen. Demnach lassen sich die von Lozarow, dem Erfinder der Suggestopädie, mitgeteilten "außerordentlichen" Ergebnisse empirisch nur zum Teil belegen. Hochgespannte Erwartungen, es handle sich um eine generell effektivere Lernmethode, werden enttäuscht. Dennoch ist Suggestopädie für bestimmte Anwendungsgebiete, z.B. Intensiv-Sprachkurse mit den Schwerpunkten Sprechtraining und Hörverstehen, vermutlich eine angemessene und zudem sehr motivierende Methode.

Quelle: Text des Verlages 

 


Leserrezension von Marion Kellner-Lewandowsky

Ein schmales Büchlein und doch so voll mit gut aufbereiteten Informationen zu den Themen Lernen, Gedächtnis, Suggestopädie, Superlearning und menschliche Informationsverarbeitung!

Bereits 1988 hat der Autor Walter Edelmann dieses schmale, aber prallgefüllte Buch zum Thema „Suggestopädie und Superlearning“ erstmals vorgelegt und noch immer ist es ein spannendes und aktuelles Werk zum Thema. Der Autor setzt sich auf der Basis hirnbiologischer Grundlagen des Lernens, des Gedächtnisses und menschlicher Informationsverarbeitung differenziert mit den suggestopädischen Lehrverfahren auseinander und wertet empirische Befunde zu den behaupteten Lernerfolgen systematisch aus. Trotz der offensichtlich tiefen theoretischen Beschäftigung des Autors mit den Themen ist die Aufbereitung des Buches äußerst lesenswert, verständlich und informativ.

Als ausgebildete Suggestopädin hat mich natürlich die Auseinandersetzung mit dem theoretischen Hintergrund sowie die empirische Beweisführung zu den Erfolgschancen der suggestopädischen Methode angesprochen. Dies hat mich dazu verführt, mich mit diesem Buch intensiver auseinander zu setzen. Und obwohl ich dachte, dass solch ein schmales knapp 130 Seiten dickes Büchlein schnell studiert sein sollte, hat die Auseinandersetzung länger gedauert als erwartet. Dies war nicht etwa der Lesbarkeit und Verständlichkeit geschuldet, welche im Gegenteil besonders zu loben sind. Vielmehr steckt hinter den beiden Buchdeckeln mehr als man erwarten kann.

So startet der Autor mit einem gut aufbereiteten Kapitel über hirnbiologische Aspekte von Lernen und Gedächtnis, in dem Aufbau und Funktionsweise des Gehirns unter den spezifischen Anforderungen des Lernens und des Gedächtnisses dargestellt werden. Hier stellt Edelmann aufschlussreiche Experimente von Sperry zu den Leistungen der beiden Hemisphären des Gehirns dar, um deren unterschiedliche spezifische Leistungen zu belegen. Edelmann stellt die Hypothese auf, dass es zum ganzheitlichen Lernen und Vergessen zwei Arten von Integration bedarf:
•    einerseits die Integration der linken und der rechten Hemisphäre mit der Großhirnrinde durch die Verbindung sprachlich-begrifflicher, eher analytischer Leistungen der linken mit bildhaften, geometrischen und eher ganzheitlichen Leistungen der rechten Gehirnhälfte.
•    andererseits das vertikale Zusammenspiel von corticalen Strukturen und Teilen des limbischen Systems – also die Verbindung kognitiver Leistungen mit emotional-motivationalen Prozessen beim Lernen.
Beiden versucht die Suggestopädie gerecht zu werden.

Das zweite Kapitel widmet sich der Suggestopädie und den unterschiedlichen Spielarten suggestopädischer Lehrverfahren. Nach einem kurzen Abriss zur Geschichte der Suggestopädie stellt Edelmann die Methode Lozanovs und die von ihm propagierten Erfolge bei der Anwendung suggestopädischer Lehrverfahren vor. Die Darstellung erfolgt sachlich korrekt und gut nachvollziehbar. Aber Edelmann weist auch korrekt auf die Punkte in Lozanovs Werken hin, welche nicht nachvollziehbar oder wissenschaftlich belegt sind. Selbst als ausgebildete Suggestopädin war es für mich äußerst aufschlussreich, die dargestellten theoretischen Konzepte von Lozanov und ihre Begründungen in ihrer Gesamtheit hier zu studieren.

Mit der Weiterentwicklung der Suggestopädie im Westen - zum Beispiel dem Superlearning (Ostrander/Schroeder) oder ACT (Wissenserwerb durch kreatives Lernen nach Dhority) - setzt Edelmann seine eingehende Darstellung der Lehrverfahren fort, jeweils beschrieben durch die Herkunft und die Besonderheiten dieser Adaptionen. In der darauf folgenden Beschreibung einer von Edelmann selbst eingesetzten suggestopädischen Unterrichtssequenz wird die tiefe Auseinandersetzung des Autors mit dem Thema deutlich. Ausführlich werden empirische Daten über Effizienz, Behaltensleistung, Intensität des Lernens und Akzeptanz des Verfahrens dargelegt.

Abschließend kommt Edelmann zu dem Schluss, dass nicht alle von Lozanov propagierten Erfolge der Suggestopädie nachweisbar sind. So zeigt sich bspw. hinsichtlich der Effizienz und der Lernbeschleunigung keine Überlegenheit der suggestopädischen Methode. Dennoch wird der Nachweis erbracht, dass viele Teilnehmer die insgesamt entspannte Atmosphäre und das nahezu mühelose Lernen hoch schätzen und die Methode nahezu uneingeschränkt (bei Studenten als auch bei Ingenieuren) akzeptiert wird.

Edelmann schließt dieses zweite Kapitel mit seiner Einschätzung ab, dass die Suggestopädie vor allem in der Betonung bestimmter Lehr-Lernprinzipien ihren Beitrag zur geänderten Auffassung von Lernen leistet.

Im dritten Kapitel widmet sich der Autor den Prozessen der menschlichen Informationsverarbeitung und den Fragen, wie die Suggestopädie das ganzheitliche Lernen durch konkrete Maßnahmen wie Lernkonzerte, Suggestion oder Entspannung optimieren will. Dabei werden von Edelmann in verständlicher Art und Weise bekannte und weniger bekannte Aspekte von Lernen und Gedächtnis, Gedächtnistheorien, Kognitionen und Emotionen, Motivation, Handlungstheorien, Problemlösen, parabewußte Beeinflussung und ganzheitliches Lernen unter Bezug auf Lernen und die suggestopädische Lehrmethode erläutert. 

Edelmann resümiert, dass die Suggestopädie eine Reihe von Gesichtspunkten berücksichtigt, welche in den Theorien der Allgemeinen und der Pädagogischen Psychologie so nicht gesehen werden. Besonders hebt er die suggestopädische Integration der kognitiven, emotionalen und motivationalen Aspekte des Lernens hervor.

Sein Fazit: Suggestopädie ist nicht das „Super-Lehrverfahren“, sondern bietet für das Fremdsprachenlernen eine förderliche Methode, für alle anderen Lehrbereiche förderliche Lehr-Lern-Prinzipien.

Man merkt dem Buch sehr wohl die viele Arbeit an, welche der Autor in das umfassend, aber dennoch punktgenau und verständlich geschriebene Werk gesteckt hat. Illustrationen, Tabellen und eine übersichtliche Gliederung machen es zu einem vorbildlich aufbereiteten Fachbuch zum Thema. Es ist kein Buch, was man am Abend schnell mal wegliest, sondern ein Buch für alle diejenigen, mit tiefergehenden Interesse an der Suggestopädie und ihrem theoretischen Hintergrund zum optimierenden Lernen. 

Marion Kellner-Lewandowsky