Sie kommt ganz harmlos daher, die Werbung in einer E-Mail: Ein Trainer macht am Ende des Textes den Empfänger auf ein bald stattfindendes Seminar aufmerksam. Der Hinweis findet sich standardisiert in allen Signaturen der versendeten E-Mails. Nur dummerweise hatte der konkrete Empfänger nicht um Informationen über das Seminar gebeten. Er hat also die Werbung ohne Nachfrage erhalten.

Mit einem ähnlichen Problem hatte sich der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VI ZR 134/15) kürzlich zu befassen. Dort hatte eine Versicherung standardisierte E-Mails mit einer Werbung für einen Unwetter-Warndienst und eine Wetter-App versehen. Der Kläger hatte bei seinem Versicherer mittels E-Mail nachgefragt, ob seine Kündigung eingegangen war. Das Unternehmen bestätigte zunächst den Eingang der Nachricht automatisch. In dessen E-Mail fand sich die Werbung für den Warndienst. Bei einer Registrierung erhalte der Kunde bei einem drohenden Unwetter eine kostenlose SMS auf das Handy. Nicht an dem Service interessiert verschickte der Kläger zwei E-Mails an den Versicherer. In diesen teilte er mit, dass er die Werbung für den Dienst nicht wolle. Dummerweise war das Mailsystem so eingestellt, dass er wiederum dieselbe Eingangs-Nachricht mit der Werbung erhielt.

Jede Werbung, die per E-Mail versendet wird, stellt ohne eine vorherige ausdrückliche Zustimmung des Empfängers eine sog. unzumutbare Belästigung dar. Mit dieser Prämisse soll der Einzelne vor unverlangt per E-Mail übersandter Werbung und somit seine Privatsphäre geschützt werden. Verstößt ein Unternehmen gegen diese Vorgabe, so ist darin eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Empfängers zu sehen. Dadurch wird der Bereich der privaten Lebensführung geschützt. Jedermann hat ein Recht darauf, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden. Daraus folgt also, dass der Einzelne seine Privatsphäre vor der unerwünschten Einflussnahme durch andere Personen freihalten kann.

Allerdings begrenz der Bundesgerichtshof diese Regel darauf, wo eine Kontaktaufnahme gegen den eindeutigen Willen erfolgt. Ansonsten wäre die Freiheit des kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt. Werbung soll also grundsätzlich zulässig sein, nur eben nicht per E-Mail. Dabei stellt sich die Frage, ob der bloße Hinweis auf einen Warndienst für eigene Kunden überhaupt Werbung darstellt. Das Gericht stellt hierzu fest, dass unter diesem Begriff alle Äußerungen eines Unternehmens zu verstehen sind, die auf die Förderung des Absatzes von Produkten oder Dienstleistungen gerichtet sind. Hier bewirbt der Versicherer seine Produkte mit dem Hinweis auf den kostenlosen Warndienst. Dass der Service dabei kostenlos ist, spiele keine Rolle. Ebenso ist es belanglos, ob die E-Mail lediglich als „Eingangsbestätigung“ versandt wurde.

Der Bundesgerichtshof weist in diesem Zusammenhang auf einen wesentlichen Aspekt hin: Wenn es zulässig wäre, bei individuellen E-Mails Werbung „beizumischen“, dann würde diese Werbeart innerhalb kürzester Zeit um sich greifen.

Damit steht fest: Die Werbung per E-Mail ist nur dann zulässig, wenn der Empfänger ausdrücklich eingewilligt hat. Diese Einwilligung kann bspw. auf einer Anmeldekarte erklärt werden. Dann muss aber für den Kunden deutlich erkennbar sein, dass er sich mit dieser Form der Werbung einverstanden erklärt. Deshalb ist es erforderlich, dass er ausdrücklich diese Zustimmung erteilt, was bspw. durch ein Kreuz bei der Frage nach der Einwilligung und der folgenden Unterschrift zu sehen ist. Nicht ausreichend dürfte sein, dass der Kunde ausdrücklich erklären muss, dass er keine Werbung wünscht.

Soll die Einwilligung auf elektronischem Wege erfolgen, so bietet sich das sog. Double-Opt-In-Verfahren an. Hier hinterlässt der Kunde zunächst seine E-Mail-Adresse im Online-Formular. Daraufhin bekommt er eine E-Mail des Unternehmers, in der ein Bestätigungs-Link zu finden ist. Erst nach einem Klick auf diesen Link ist von einer Einwilligung auszugehen.

Zusätzlich muss dem Kunden die Möglichkeit gegeben werden, dass er jederzeit seine Einwilligung widerruft. Am einfachsten ist es dabei, in den E-Mails einen Link für die Abmeldung bereitzustellen, auf den der Kunde nur klicken muss. Bei der folgenden Bestätigungs-Mail sollte dann auf keinen Fall mehr Werbung enthalten sein.

 

Rechtsanwalt
Dr. Achim Zimmermann