(Auszüge aus dem Ergebnisbericht des Projektes "Weiterbildungskataster 2007/2008)

In Deutschland hat sich eine Vielfalt von Institutionen sehr unterschiedlicher Größenordnung und Struktur herausgebildet, die Weiterbildung anbietet (vgl. Nuissl/Pehl 2004, 25ff). Neben den öffentlichen Trägern (Bund, Länder und Kommunen) haben sich vor allem die gesellschaftlichen Großgruppen (Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Berufsverbände und die Organisationen der Wohlfahrtspflege) im Weiterbildungsbereich engagiert. In den letzten Jahrzehnten sind zudem verstärkt private Einrichtungen hinzugekommen (z. B. Betriebe und Einzelpersonen) (vgl. Gnahs 2001, 312).

Zum Weiterbildungssektor liegt bis heute keine Gesamtstatistik vor und es ist unsicher, welche und wie viele Anbieter in diesem Bereich aktiv sind. „Unterschiedliche gesetzliche Zuständigkeiten und Regelungen sowie die Pluralität der Träger finden ihre Entsprechung in einer zerklüftet wirkenden Weiterbildungsstatistik“ (Seidel 2006, 37). So bilden die vorliegenden Statistiken jeweils nur Teilbereiche der Weiterbildungslandschaft ab und es ist nicht geklärt, inwieweit die Datenbanken und Einrichtungsverzeichnisse ein vollständiges Bild ergeben. Vielmehr ist bekannt, dass diese Quellen erhebliche Fehlerquoten aufweisen können. Dröll stellte etwa bei der Untersuchung der Frankfurter Weiterbildungsanbieter fest, dass sogar ein amtliches Verzeichnis der privaten beruflichen Schulen ca. 25% Fehlerquote zeigte2. „Von 695 verfolgten Spuren von Weiterbildungseinrichtungen in Frankfurt blieben schließlich 283 Institutionen übrig“ (Dröll 1997, 55). Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass das Institutionenspektrum selbst schwer abgrenzbar ist, da es sich überschneidet mit Organisationen, welche andere Kernaufgaben haben, aber auch u. a. Weiterbildung betreiben.

So liegen bislang fast ausschließlich disparate regionale und sektorale Daten bzw. auf bundesweiter Ebene grobe Schätzungen vor, wie viele Einrichtungen Weiterbildung anbieten, und die wenigen bundesweiten Erhebungen kommen nicht nur zu unterschiedlichen Ergebnissen, sondern lassen aufgrund verschiedener Erhebungs- und Schätzverfahren sowie wegen der unterschiedlichen betrachteten Segmente auch kaum Vergleiche zwischen den Ergebnissen zu (vgl. Dietrich 2007a). Außerdem besteht eine hohe institutionelle Dynamik, sodass sich die Anzahl durch Schließung vorhandener und Entstehen neuer Träger und Einrichtungen permanent verändert (vgl. Faulstich 2001, 80).

Damit fehlen gesicherte Angaben über die aktuelle Anzahl und Struktur der Weiterbildungsanbieter in Deutschland.

Das Projekt Weiterbildungskataster

Das Projekt strebte an, eine um möglichst hohe Vollständigkeit bemühte Erfassung der Weiterbildungsanbieter in Deutschland durchzuführen, um einerseits für die Neuauflage des wbmonitor5 ein aktuelles Verzeichnis der in diesem Bereich agierenden Anbieter zu erarbeiten und andererseits durch nachfolgende Aktualisierungen Veränderungen in der institutionellen Struktur abzubilden. Die ermittelten Adressen wurden auf Gültigkeit überprüft, wobei zugleich einige zentrale Strukturinformationen zu den Einrichtungen erhoben wurden. Auf diese Weise sollten quantitative und strukturelle Informationen über die bundesdeutschen Weiterbildungsanbieter ermittelt werden.

Parallel dazu wurden vorliegende Teilstatistiken und Datenbanken (Datenbank KURSNET und weitere regionale und sektorale Datenbanken) auf ihre relative Vollständigkeit geprüft, um ein Verfahren zu entwickeln, wie dieses Adressverzeichnis nach Projektende von BIBB und DIE weiter gepflegt werden kann. Das Kataster soll dann nachfolgend regelmäßig aktualisiert werden, um einen Überblick über die Veränderungen der institutionellen Struktur zu erhalten. Dafür sind die Erfahrungen zum methodischen Vorgehen eine wichtige Grundlage, die nachfolgend dargestellt werden.

Wichtigste Untersuchungsergebnisse

Durch die Kurz-Befragung liegen nun Angaben zu den strukturellen Merkmalen der gefundenen Weiterbildungsanbieter vor. Als Weiterbildungsanbieter werden dabei – unter Zugrundelegung der Definition des wbmonitor – alle institutionalisierten oder betrieblich verfassten Anbieter verstanden, die Weiterbildung als Haupt- oder Nebenaufgabe regelmäßig oder wiederkehrend offen zugänglich anbieten. Weiterbildung umfasst dabei alle organisierten Bildungsangebote, die sich an ausgebildete oder erfahrene Erwachsene richten. Zielen diese darauf ab, beruflich verwertet zu werden, sind sie als berufliche, anderenfalls als allgemeine Weiterbildung einzuordnen. Als allgemeine Erwachsenenbildung werden auch kulturelle und politische Erwachsenenbildung begriffen, der beruflichen Weiterbildung werden die ungeregelte und die geregelte Fortbildung wie z.B. die Meister- / Techniker- / Fachwirteausbildung, Umschulung und berufliche Rehabilitation sowie wissenschaftliche Weiterbildung zugeordnet.

Ausgeschlossen sind solche Anbieter, die ausschließlich in einem oder mehreren der folgenden Felder tätig sind: Sport- oder Hobbykurse, Berufsvorbereitung oder Berufsausbildung, Angebote für Kinder und Jugendliche (Hausaufgabenhilfe), Tätigkeit als Trainer/Dozent/Honorarkraft für Weiterbildungseinrichtungen ohne eigenständiges Marktangebot.

Verfolgt wird ein Betriebsstättenkonzept, wonach regionale Niederlassungen/Zweigstellen als eigene Anbieter behandelt werden, nicht jedoch reine Schulungsstätten.

Anzahl

Aus den vorliegenden Quellen wurden, nach sehr sorgfältiger Dublettenbereinigung und Plausibilisierung, 22.920 Adressen potentieller Anbieter ermittelt, von denen 13.962 Weiterbildungsanbieter im Sinne des Projekts waren. Rechnet man die in dieser Anzahl noch nicht enthaltenen Zweigstellen der Volkshochschulen hinzu, erhöht sich die Anzahl auf 16.841 Weiterbildungsanbieter in Deutschland.

Prinzipiell wäre es wünschenswert gewesen, alle diese ermittelten Einrichtungen in die Befragung einzubeziehen. Der Volkshochschulverband und der Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben als Partner der Verbundstatistik des DIE baten jedoch darum, nicht befragt zu werden, da die Belastung durch andere Erhebungen bereits zu hoch sei (vgl. Kapitel 2.4). Aus diesen Gründen wurden weniger Einrichtungen in die Befragung einbezogen, als dem Projekt bekannt sind. Befragt wurden nur N=12.951 Weiterbildungsanbieter. Bei den Ergebnissen zu den Fragen Anbietertyp und Angebotsspektrum sowie der Verteilung nach Bundesländern wurden die zusätzlich bekannten Einrichtungen hinzugerechnet (N=16.841).

Die tatsächliche Zahl der Anbieter liegt aber sicher höher als im Projekt ermittelt. So ist zunächst anzunehmen, dass

  • erstens unter den 4.370 nicht erreichten potentiellen Anbietern weitere Weiterbildungsanbieter enthalten sind, und
  • zweitens außerdem sicherlich zahlreiche nicht identifizierte Anbieter hinzukommen. Die Vergleiche der aktuellen Untersuchung mit den regionalen Vollerhebungen zeigen, dass bestimmte Anbieter durch die bundesweite Recherche nicht zu ermitteln waren (bestimmte Initiativen, Akademien usw.). Umgekehrt aber hat selbst diese aktuelle bundesweite Recherche eine bemerkenswerte Anzahl Anbieter ermittelt, die den regionalen Vollerhebungen nicht bekannt waren.

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die tatsächliche Anzahl der Weiterbildungsanbieter wohl nie exakt zu ermitteln ist.

Dennoch ist eine weitere Annäherung an die tatsächliche Anbieterzahl möglich, wenn man die Angaben zu den Filialen berücksichtigt. Die Anbieter wurden befragt, ob sie ein eigenständiger Anbieter, eine Zentrale mit mehreren Niederlassungen, eine Filiale eines größeren Anbieters, sowohl Zentrale als auch Filiale oder „sonstiges“ seien. Sofern es sich um eine Zentrale handelte, wurde nach der Anzahl der Filialen gefragt. Aus früheren Untersuchungen ist unter anderem bekannt, dass Filialen häufig nicht auf derartige Befragungen reagieren dürfen und die Anfrage an die Zentrale weiterleiten, die dann nur einmal antwortet. Um eine Schätzung vorzunehmen, sollten deshalb die Angaben der Zentralen zur Anzahl der Filialen der im Projekt befragten Weiterbildungsanbieter herangezogen werden.

Diese Angaben können in folgender Weise genutzt werden: Es sind 16.841 Weiterbildungsanbieter bekannt. Darin sind alle Volkshochschulen mit ihren Zweigstellen und die Einrichtungen von Arbeit und Leben sowie weitere 12.827 Anbieter enthalten.

Von diesen 12.827 Weiterbildungsanbietern gaben 7.246 an, ein eigenständiger Anbieter ohne Filialen zu sein. Weitere 1.072 Anbieter bezeichneten sich als Zentrale eines Anbieters mit weiteren Filialen oder Niederlassungen. Diese Zentralen gaben an, zusammengenommen über 11.758 Filialen zu verfügen.

Allerdings waren unter den befragten 12.827 Weiterbildungsanbietern nur 2.151 Einrichtungen, die angaben, eine Filiale zu sein bzw. weitere 96, die sowohl Zentrale als auch Filiale waren (z.B. Landeszentralen), und somit den Filialen zugerechnet werden müssen. Vorsichtig geschätzt könnten auch die 393 sonstigen Einrichtungen und die 1.869 Einrichtungen, von denen keine Angabe vorliegt, zu den Filialen gerechnet werden. Dies ergäbe eine Gesamtzahl von möglicherweise insgesamt 4.509 Filialen18, die durch das Projekt erfasst wurden.

Legt man nun die von den Zentralen angegebene Zahl von 11.758 Filialen zu Grunde und zieht hiervon die potenziellen 4.509 Filialen ab, so bleiben also weitere 7.249 Filialen, die vom Projekt nicht erfasst wurden.

 

In der Summe ergäbe sich damit folgende Zahl:

16.841 verbürgte Anbieter plus
7.249 Filialen, die das Projekt nicht erfasst hat

Insgesamt 24.090 Weiterbildungsanbieter

 

Berücksichtigt man also die Angaben der Befragten zur Anzahl ihrer Filialen und stellt in Rechnung, dass eher zu viele Einrichtungen abgezogen wurden, weil sicher nicht alle Zentralen der antwortenden Filialen erreicht wurden, lässt sich von einer Größenordnung von etwa 25.000 Weiterbildungsanbietern in Deutschland sprechen.

Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass viele Anbieter die Anzahl ihrer Filialen vermutlich nur geschätzt haben. Insofern ist dieser Wert nur als grobe Schätzung zu verstehen.

In europäischen Statistiken werden teilweise auch Fahrschulen, Flug-, Bootsführer-und Segelschulen sowie Tanzschulen den Weiterbildungsanbietern zugerechnet.

Diese Zuordnung wird in Deutschland allgemein nicht vorgenommen. Dennoch wurde die Zahl dieser Anbieter aus der Betriebsdatei der Bundesagentur für Arbeit ermittelt, um die Anschlussfähigkeit an entsprechende Statistiken zu ermöglichen. In die Befragung wurden diese Anbieter allerdings nicht einbezogen – zum einen, da die erhobenen Fragen für diese Anbietertypen überwiegend nicht angemessen sind, zum anderen aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Die Zahl der Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum 30.06.2007 beträgt laut Betriebsdatei der Bundesagentur für Arbeit in den Wirtschaftsunterklassen: (siehe ausführlichen Bericht auf www.anbieterforschung.de/ergebnisse

Mit weitem Abstand am häufigsten sind demnach private Bildungsanbieter (41,3%), gefolgt von den Volkshochschulen, auf die knapp ein Viertel der Antworten entfallen (23,5%). Dann folgen mit einigem Abstand Einrichtungen eines "anderen" Vereins oder Verbands (7,5%)23. Die Einrichtungen der Wirtschaft machen etwa 5% aus, die übrigen Anbietertypen jeweils unter 4%. Den geringsten Anteil haben Einrichtungen einer politischen Partei oder Stiftung mit 0,6%.

Interessant ist ferner, dass nur 492 selbständige hauptberufliche Trainer erreicht wurden, obwohl nach Angaben des DVWO, der das Projekt engagiert unterstützt hat, mindestens 10.000 Trainer/innen in seinen Mitgliedsorganisationen organisiert seien und diese aktiv zur Teilnahme an der Befragung aufgefordert wurden. Allerdings ist auch den Organisationen nicht bekannt, wie viele dieser Trainer selbständig am Markt agieren und damit zur Zielgruppe gehören.

Perspektivisch ist zu prüfen, ob dieses Anbietersegment z. B. in den wbmonitor gezielt einbezogen werden soll. Verschiedene Verbände und eine Fachzeitschrift haben ihr Interesse daran bekundet. Allerdings würde dies eine spezielle Befragung erfordern, die auf diese Zielgruppe zugeschnitten ist.

Den gesamten Bericht mit ausführlichen Informationen finden Sie hier: 

 www.anbieterforschung.de/ergebnisse

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