Kerstin Wundersam

Das erste Mal. Wer könnte das je vergessen? Es ist immer etwas ganz besonderes. Für das erste Mal braucht es ein wenig Mut, vielleicht auch etwas Selbstüberschätzung, aber in jedem Fall Neugier. Wenn es dann vorbei ist, war es vielleicht noch nicht ganz perfekt. Und: es hat in jedem Fall Spuren hinterlassen, an die wir uns ein Leben lang erinnern.
Für angehende Coaches sind sicherlich die ersten sensiblen Geh-Versuch auf dem Coaching-Parkett ganz besonders aufregend. Sie bleiben für immer unvergessen: die Erfolge und Fehler im Gesprächsverlauf sowie „der allererste Coaching-Klient“ und dessen „Thema“. 
Aber nicht nur der Coach fiebert seinem ersten Coaching entgegen sondern auch die Coaching-Klienten sind aufgeregt, vorsichtig oder auch misstrauisch vor ihrem ersten Coaching und stellen sich Fragen, wie z.B.: „Lohnt sich das Geld, das ich investiere?“ oder „Kann ich manipuliert werden durch den Coach?“ oder „Sind Coaches allwissende Magier, die auf alles eine Antwort wissen?“

Systemisches Coaching ist eine moderne Kommunikationsform, die tatsächlich in jeder Situation und Lage funktionieren kann. Gelungene Coaching-Gespräche sind hilfreich in Umbruchzeiten, am Ende einer Krise oder an deren Anfang. Coaches können bei Entscheidungsfragen, in Konfliktsituationen und bei der Veränderung individueller Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensmuster hilfreich unterstützen. Coaching-Gespräche können bei der Festlegung von kleinen oder großen Zielen helfen sowie bei der Erfüllung langersehnter Träume. Egal, um welches Thema es sich handelt und in welcher Zwickmühle oder Sackgasse ein Mensch steckt: Sie können es als „Helfender“ in jeder Lebenslage mit Coaching versuchen.
Insofern ist Coaching eine Einstellung und keine Mode. Eine gelungene Form des Coachings ruht auf wenigen, leicht verstehbaren Eckpfeilern, und die können von jedem erlernt werden, der das möchte. Natürlich kann es durchaus einen Unterschied machen, ob der Coach eine jahrelange Erfahrung in der Coaching-Technik hat oder ob jemand gerade erst frisch mit dem Coaching begonnen hat. Dennoch kann ein „Neuling“, der sein Coaching-Handwerkszeug beherrscht, einem Klienten helfen und einen positiven Unterschied machen.

Coaching beginnt im Kopf des Coaches

(Klassische Stolpersteine für junge systemische Coaches!)

 
Stolperstein Nr. 1: Die innere Haltung

Nachwuchs-Coaches berichten häufig davon, wie schwer es ist, die eigenen Hypothesen, „Rezepte“, Ideen und Vorschläge für sich zu behalten. Sie müssen sich förmlich auf „die Zunge beißen“ um keine Ratschläge zu geben oder Suggestivfragen zu stellen. Wie oft glauben wir im Alltag zu wissen, was richtig für den Anderen ist? Viel zu oft! Halten Sie deshalb in Ihren ersten Schritten auf dem systemischen Coaching-Parkett diese erste Grundregel in jedem Fall ein: keine Beratung mit Ratschlägen!
Merke: Erfolgreiches Coaching beginnt bei der inneren Haltung.

Stolperstein Nr. 2: Prozesskompetenz

Sind wir „nahe am Thema des Klienten“ dran, so zieht uns der Inhalt magisch an. Das geht auch erfahrenen Coaches noch oft so. Viele Profi-Coaches berichten, dass die „schwierigsten Coachings“ diejenigen waren, in denen der Klient ein Problem hatte oder aus einer Branche kam, die der Coach sehr gut kannte. Achten Sie während eines Coachings auf den Prozess (und nicht auf den Inhalt), denn der Klient ist und bleibt stets der Experte für seine Themen. Welche Fragen stellen Sie zur gelungenen Selbstreflexion? Welche Interventionen passen, sodass Ihr Klient sein Ziel und seine Lösung erreichen kann? Und welche sicher nicht? 
Merke: Erfolgreiche Coaches arbeiten an ihrer Prozesskompetenz.

Stolperstein Nr. 3: Die Ziele

Der Zauber im Coaching beginnt mit der Definition eines Ziels, denn Problem und Lösung haben nichts gemeinsam. So fängt der Klient an nach vorne zu schauen. Ist das Ziel unklar, kann der gesamte Coaching-Prozess stolpern, straucheln und letztendlich fallen. Ziel-, Ressourcen- und lösungsorientiertes Vorgehen heißt: Vorhandenes aufspüren, Unbekanntes erforschen und das noch im Coachee Schlummernde in einer für ihn stimmigen Art und Weise aktivieren. Dabei gibt der Klient die Richtung vor, die er klar formuliert haben sollte.
Merke: Der Coaching-Prozess braucht stets klare Ziele.

Stolperstein Nr. 4: Die Auftragsklärung

Die Auftragsklärung ist die Klärung der Erwartungshaltung des anderen! Als Coach entscheiden Sie, was Sie liefern wollen und können (im Zweifel: liefern Sie gar nichts)! Wenn Sie nicht helfen können: Sagen Sie es! Und: Finger weg von „gespürten Aufträgen“!  Oft ist „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut gemacht“. Der Auftragnehmer – hier der Coach – kann und sollte nur DAS liefern, was der andere ausdrücklich verlangt hat. Der Auftragnehmer ist für die Klärung des Auftrags verantwortlich und: ein gut geklärter Auftrag ist die „halbe Miete“ im Coaching-Gespräch! (Lesen Sie hierzu ausführlich „Sechs Fallen und sechs Erfolgsfaktoren“ in: (Bartels O., Wundsam K.,: Mein erstes Mal. Was Coaching alles verändern kann. Wien, 2011).
Merke: Ein gelungenes Coaching braucht einen geprüften Auftrag!

Zusammengefasst: Im Kopf des frisch-gebackenen Coaches wird entschieden wie ein Coaching ablaufen wird. Hier spielen die innere Einstellung und persönliche Erfahrung eine große Rolle; hier „sitzen“ alle Paradigmen und Grundannahmen des Coaches:

  • Welche bewusste oder unbewusste Vorstellung hat der junge Coach von Kommunikation und wie diese „funktioniert“?
  • „Welches Bild hat der Coach von Menschen im Allgemeinen und von seinem Coaching-Klienten im Speziellen?“
  • „Wie beschreibt der Coach soziale Zusammenhänge und wie beschreibt er Veränderungsschritte von Individuen?“ 
  •  „Was ist seiner Meinung (und Erfahrung) nach möglich und was nicht?“

 
„Mein erstes Mal als Coaching-Klient!“

(Ein Blick in den Kopf des Klienten.)

Menschen wissen vor ihrem „ersten Mal“ nicht so genau, was sie erwartet. Wie sollten sie auch! Unter dem Begriff Coaching wird ja auch vieles zusammengefasst. Deshalb sind Klienten oft nervös und angespannt oder misstrauisch bis zweifelnd. Erst nach (ersten) eigenen Erfahrungen schärft sich das eigene Bild. Im Falle von Coaching wird dieses von den Klienten dann manchmal als Wegbegleitung, Klärungsprozess, Zeit- oder Gefühlsreise beschrieben. Was der Klient „danach“ beschreibt hängt natürlich eng mit der Arbeitsart und -weise des Coaches zusammen. Oft stellen Coaching-Klienten erleichtert oder begeistert fest, dass es im Coaching tatsächlich um ihre eigenen Lösung ihrer eigenen Probleme ging und dass sie diese Lösungen selbst finden (konnten). Die Ergebnisse dieser erfolgreichen Arbeit werden dann mit „positiver Veränderung“, „Ausweg“, „Kompetenzen“ oder „Eigenverantwortung“ in Verbindung gebracht.

O-Töne von Coaching-Klienten:
„Früher kam mir Coaching wie ein Zaubermittel vor. Ich dachte, diese Menschen, die Coach sind, haben von irgendwoher Weisheit erlangt und können auf alle Fragen des Lebens Antworten liefern. Heute weiß ich, dass es kein Zaubermittel gibt und dass der Coach keine magischen Fähigkeiten hat. Die hat vielmehr der Coaching-Klient selbst, der sich seine eigenen Lösungen herbeizaubert!“

„Als ich zum Telefonhörer griff war ich sehr aufgeregt. Aus irgendeinem Grund war mir bewusst, dass dieser Schritt der erste Schritt zu etwas „Neuem“ war. Zumindest erwartete ich mir etwas „Neues“. Zwar nicht unbedingt eine komplette Veränderung meines ganzen Lebens (ich wollte definitiv nicht alles auf den Kopf stellen), aber ich wollte eine Form der Perspektivenerweiterung erleben.“
 
„Ich hatte einfach Sorge, ob das nicht alles nur eine riesen Geldmacherei ist! Nach meinem ersten Telefonat mit dem Coach, in dem er mir erklärt hat, wie ein solches Gespräch abläuft, ging es mir besser. Das Telefonat hat bestimmt 20 Minuten gedauert und danach war ich beruhigt und konnte mich auf den ersten Termin freuen.“

„Für mich zählt am Stärksten die Chemie! Wenn ich mich nicht wertgeschätzt fühle, geht gar nichts mehr. Da fällt mir dann auch nichts Vernünftiges mehr ein!“

„Während des Gesprächs dachte ich immer: Was macht die da nur? Stellt nur Fragen? Was will sie herausfinden? Will sie mich ausfragen? Ich verstand den Sinn des Nachbohrens nicht. Ich wollte hier doch Antworten bekommen und nicht die ganze Zeit Fragen beantworten.“

„Bis zu meinem ersten Termin stellte ich mir viele verschiedene Details vor: beispielsweise, wie das Zimmer aussehen würde. Ich sah mich auf einem Sofa sitzen (in etwa so wie man es aus Filmen kennt, in denen der tragische Held zum Psychoanalytiker geht) mit einer Tasse Tee in der Hand. Auch nahm ich mir bewusst vor, von „meinem Anliegen“ zu sprechen, denn den Ausdruck „Problem“ wollte ich meiden. Schließlich hatte ich kein Problem. Das Wort erschien mir viel zu negativ. In meiner Phantasie sah ich die Dame nicken und „alles verstehen“.“

„Für mich ist Coaching immer wieder eine innere Wandlung. Entweder spontan und schnell oder langwierig und anstrengend. Aber am Ende hat sich in mir was verändert und das was ich dann „Neues weiß“ vergesse ich auch nicht mehr.“

„Coaching war für mich ein Katalysator: durch und durch beschleunigend!“

„Im Nachhinein kann ich sagen, dass es für mich dann ein gutes Coaching war, wenn am Ende der vereinbarten Zeit das gesetzte Ziel erreicht ist und ich mit Schwung und Motivation Dinge anpacken kann, für die ich vorher keine Zeit gefunden habe oder die ich auf die lange Bank geschoben habe.“

Zusammengefasst: Da es die verschiedensten Coaches, Angebote und Möglichkeiten gibt – und ein Coaching-Klient möglicherweise schon verschiedenste Erlebnisse oder Informationen über Coachings hat – sollte der Coach ganz praktisch klarstellen, was den Gesprächspartner erwartet (und was nicht). So werden Enttäuschungen auf beiden Seiten vermieden und das ist auch für angehende Coaches ein besonders wichtiger Aspekt. Über anfängliche Erfolgserlebnisse gewinnen junge Coaches zunehmend an Souveränität und die damit einhergehende Gelassenheit bereichert wiederum zukünftige Coaching-Prozesse.
Durch jedes einzelne Coaching-Gespräch haben wir – Coaching-Profi oder frisch-gebackener Coach – die Möglichkeit zu lernen und zu wachsen. So gesehen ist jedes Coaching wie ein „erstes Mal“ und in diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele schöne „erste Male“.

Einen ausführlichen Einblick in die Erlebnisse und Erfahrungen von Coaches und Coaching-Klienten bei ihren „ersten Malen“ können Sie nachlesen in: „Mein erstes Mal. Was Coaching alles verändern kann. Coaches und Klienten erzählen.“ von Oliver Bartels und Dr. Kerstin Wundsam (erschienen im literatur-vsm, Wien, 2011)

Autorin:

Dr. Kerstin Wundsam, systemische Beraterin, Coach und Trainerin, bietet mit Ihrem Kollegen Oliver Bartels Trainings und Lehrgänge für modernes, anwendungsorientiertes Coaching sowie systemisches Leadership an. Die Lehrgangsinhalte liefern die Verbindung aus lösungsorientierter Systemtheorie und Praxisorientierter Arbeit.

Weitere Informationen:

Dr. Kerstin Wundsam
Systemisches Coaching und Training

Mobil: 0163-4960757
Telefax: 089 - 99018319

Email: wundsam@mem-buch.de
Website: www.mem-buch.de

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