harald gross-foto Harald Groß

Neue Munterrichtsmethoden

Aktivierende Lehrmethoden für die Seminarpraxis

Harald Groß

Das Lernen auslösen – darin liegt die Hauptaufgabe von uns Lehrenden. Doch wie gelingt es gut und effektiv, den Lernprozess in Gang zu bringen, am Laufen zu halten und zum Erfolg zu führen? Noch dazu bei sperrigen Themen?

Antworten auf diese Fragen finden Sie im Band 2 meiner Munterrichtsmethoden. Die Fortsetzung des ersten Methodenbandes erschien im September 2014. Alle dort vorgestellten Wege sorgen dafür, dass sich die Lernenden aktiv mit dem Lernstoff auseinandersetzen. Das Schöne dabei – die Methoden sind ganz einfach: Sie brauchen wenig Zeit und wenig Material, sie lassen sich leicht erklären und auf viele Themen und Situationen übertragen.

Und wie von Teil 1 gewohnt, bringen die Methoden eine Portion Leichtigkeit in den Seminarraum. Endlich munterer Methodennachschub: „Miss Marple“, „Konklave“, „Habt ihr sie noch alle?“ und viele mehr. Mit dem erweiterten Methodenrepertoire bringt man seine Teilnehmenden zum Lernen – und zum Lachen natürlich auch!

Die Wanderfrage

Hier die erste neue Munterrichtsmethode:

Eine ganze Etappe lang haben Sie mit einer Gruppe gearbeitet. Jetzt wollen Sie die Teilnehmenden das Erlernte noch einmal „ausatmen“, also erinnern, wiedergeben und übertragen lassen. Das ist gut, denn: Je früher und häufiger wir im Lernprozess innehalten und auf das Gelernte zurückschauen, desto besser können die neu entstandenen Verknüpfungen gefestigt werden.

Die Wanderfrage ist ein möglicher Weg dazu. Bereiten Sie dazu Fragen zu Inhalten, mit denen sich die Lernenden im zurückliegenden Kursabschnitt befasst haben vor. Jede Frage schreiben Sie gut lesbar auf eine Moderationskarte. So viele, dass nachher jeder Teilnehmende eine Fragenkarte ziehen kann.

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Verschiedene Fragearten mixen

Mischen Sie dabei Erinnerungsfragen, bei denen die Lernenden konkrete Inhalte aus dem Kurs aufzählen mit Analysefragen. Hier müssen die Lernenden scharf nachdenken und vergleichen. Hinzu geben Sie Übertragungsfragen: „Wie lässt sich das Gelernte auf einen anderen Fall, in der eigenen Praxis anwenden?“ lautet hier die Frage. Übertragungsfragen sind wertvoll für den Lerntransfer!

Mit den beschrifteten Fragenkarten in der Hand erklären Sie: „Wir haben heute viel besprochen. Jetzt tut es gut, die wesentlichen Inhalte noch einmal wachzurütteln. Stehen Sie doch bitte alle einmal auf. Ich habe für Sie alle je eine Frage mitgebracht. Ziehen Sie sich eine Karte.“

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Gehen Sie umher. Alle ziehen eine Karte. Währenddessen fahren Sie fort: „Sie können die Frage gleich anschauen. Kann sein, dass Sie dann lächelnd denken: ‚Super! Das kann ich leicht beantworten!‘ Möglich ist auch, dass Ihnen beim Anblick der Frage abwechselnd heiß und kalt wird, denn vielleicht haben Sie wenig oder sogar gar keine Erinnerung, was hier gesucht wird. In diesem Fall habe ich eine gute Nachricht: Sie müssen die Frage nicht beantworten! Mit Ihrer Frage in der Hand gehen Sie alle gleich auf eine Person zu. Ich zum Beispiel gehe zu Tobias. Ihm werde ich gleich meine Frage stellen. Und Tobias wird sie für mich beantworten. Vielleicht plaudern wir noch ein wenig darüber, vielleicht kann ich zu seiner Antwort noch etwas ergänzen. Wenn wir beide merken, dass die Frage gut beantwortet ist, stellt Tobias seine Frage – jetzt an mich. Und ich antworte. Wenn wir fertig sind, tauschen wir unsere Karten. Tobias erhält meine Karte, ich bekomme seine. So werden aus unseren Fragen Wanderfragen. Wir verabschieden uns. Jetzt laufe ich mit Tobias‘ Frage, die ich eben selbst beantwortet habe, los. Ich suche mir einen neuen Partner, eine neue Partnerin. Vielleicht ist gerade jemand frei, weil irgendwo im Raum Kollegen mit ihren Fragen gerade auch zum Ende gekommen sind; vielleicht muss ich auch ein wenig warten. Unsere Fragen wandern in den nächsten 10 Minuten durch die Gruppe. Alles klar? Dann geht’s jetzt los. Suchen Sie den ersten Partner. Viel Spaß!“

Jetzt beginnt im ganzen Raum ein schönes Gewusel und Gemurmel. Ich selbst mache bei der Wanderfrage äußerst gerne mit. Denn dabei erfahre ich ganz direkt, wie die Teilnehmenden die Fragen beantworten. Die Wanderfrage eignet sich gut, um am Ende einer Einheit die Inhalte noch einmal zu durchdenken. Aber auch im Verlauf eines mehrteiligen Kurses nutze ich sie gerne zum Wiedereinstieg. In recht kurzer Zeit werden die wesentlichen Inhalte noch einmal aufgefrischt. Auch für Prüfungsvorbereitungen in einer größeren Gruppe ist dies eine ganz angenehme und wirkungsvolle Lernform.

Ergänzungen, Abwandlungen

An dieser Stelle kann die Sache mit den Wanderfragen enden. Die Lernenden haben viele der Inhalte nochmals erinnert. Wunderbar! Bei Lernstoffen jedoch, die die Teilnehmenden sehr präzise und sicher beherrschen sollten, können Sie noch eine wirkungsvolle Sicherungsrunde anschließen. Die funktioniert so: Bitten Sie die Teilnehmenden, zum Ende des Wanderns zu kommen und zu den Plätzen zurück zu kehren. Wenn alle sitzen, erklären Sie: „Sie haben nun viele Fragen beantwortet und viele Fragen gehört. Ganz fix machen wir jetzt noch eine Blitzrunde, um sicherzustellen, dass wir alle uns die korrekten Details eingeprägt haben. In der Hand halten Sie ja alle die Frage, mit der Sie sich zuletzt befasst haben. Ulrike wird gleich beginnen. Sie liest uns ihre Frage vor und gibt uns eine Blitzantwort. Wir anderen hören aufmerksam zu. Wenn wir finden, dass zu der Frage das Wichtige gesagt ist und die Fakten auch stimmen, dann
nicken wir kurz. Zack, zack geht’s dann reihum mit der nächsten Frage weiter. Wenn sich Ulrike unsicher ist oder uns anderen noch etwas einfällt, dann ergänzen wir. So lange, bis wir die Frage geknackt haben. Los geht’s mit Ulrikes Frage.“

Literaturtipps und mehr

  • Munterrichtsmethoden, 22 aktivierende Lehrmethoden für die Seminarpraxis, Schilling Verlag, Bezugsquellen: www.schilling-verlag.de, www.orbium.de
  • Die Munterrichtsmethoden erleben: in der Schweiz, in Berlin und in Wien finden in nächster Zeit Seminare zum Thema statt. Mehr zu den Terminen unter www.orbium.de

Der Autor: Harald Groß

ist Geschäftsführer und Trainer der Firma Orbium Seminare Berlin. Er bildet Trainer, Dozenten, Ausbilder und Hochschullehrer aus. Lern- und Lehrmethoden sind seine Leidenschaft, die Entwicklung immer neuer munterer Methoden sein Vergnügen. Neben den „Munterrichtsmethoden“ erschienen im Schilling Verlag die Bände „Munterbrechungen“, „Von Kopf bis Fuß auf Lernen eingestellt“ und „Lernlust statt Paukfrust“, ein Buch über die individuell unterschiedlichen Varianten der Selbst-Motivation.

Orbium Seminare Berlin
Gierkezeile 38
10585 Berlin
Tel.: 030 290 446 17
www.orbium.de 

In den nächsten Ausgaben des TrainerJournals stellen wir Ihnen jeweils eine der neuen Munterrichtsmethoden vor. Viel Spaß mit den Kostproben: beim Lesen - und Anwenden!

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