Christian Maier Christian Maier

Golf – das Spiel des Lebens

Wenn Sie Golf spielen, wissen Sie was damit gemeint ist. Wenn Sie nicht Golf spielen, haben Sie sicherlich schon mal Golfer erlebt, die stundenlang, rätselhafte Begriffe verwendend, über Golf geredet haben, ganz so als wäre es das Wichtigste im Leben. Das ist Golf sicher nicht, es ist aber ein äußerst eindrückliches Beispiel, das eigene innere Spiel in einem kleinen Ball wiederzufinden. Der inner game Coach, Frank Pyko, sagt dazu:

  • Golf ist flüchtig
  • Golf macht demütig
  • Golf macht süchtig

 

Golf ist flüchtig

Das Einmalige am Golf ist der einmalige Schlag: Ein Schlag und der Ball ist weg. Entweder man trifft oder man trifft nicht. Korrekturmöglichkeiten hat man nicht. Ein zögerliches Herantasten an den Ball gibt es nicht. Entweder oder, die Entscheidung muss man immer wieder fällen. Jeder Kompromiss wird bestraft. Du bist Meister oder gar nichts. Mittelmaß gibt es nicht und jeder weiß es. Schlage oder lasse es sein! Gib alles, was du hast und was du bist, oder scheitere im Zweifeln. Es gibt kein Versuchen, nur Tun. Ein super gespieltes Loch wird durch ein schlecht gespieltes zum Durchschnitt. Jeder Schlag ist einmalig und alle hängen zusammen.

Golf macht demütig

Es ist sehr schwierig, sich beim Golf etwas vorzumachen. Anders als bei manch anderer Sportarten, wo Ärger durchaus Kräfte mobilisieren kann, führt das beim Golf zum Gegenteil.

Weder ein Mitspieler, besser gesagt ein weiterer Einzelspieler, noch das Material oder das Wetter sind wirkliche Einflussfaktoren. Man spielt mit sich selbst und schaut dabei direkt und ungeschminkt in einen Spiegel. Es gibt keinen Gegner außer in sich selbst, und den kann man genauso gut zum Freund haben und schon fliegt der Ball ganz anders.

Golf macht süchtig

Die kleinste Veränderung hat eine große Auswirkung. Das erfordert Mut, ist kompromisslos und es entzieht sich dem reinen kontrollierten Verstand. Und gerade deshalb ist Golf so aufregend, so belebend, so herausfordernd und lässt nicht mehr los.

Lange hatte ich mir überlegt, ob ich damit überhaupt anfangen soll, denn eines schien sich bei allen gleichermaßen bemerkbar zu machen. Sie konnten nicht mehr aufhören und wenn sie nicht auf dem Golfplatz waren, redeten sie bei jeder Gelegenheit darüber. Ich hatte aber noch einen Beruf, Familie und sonstige Interessen. Aber ich war einfach zu neugierig, was an diesem kleinen Ball das Besondere sein soll und so buchte ich einen inner game Golfkurs. Frisch gewandet, schwer beladen mit Eisen (den Schlägern), dafür aber ganz ohne Handicap schlenderte ich mit den anderen Beginnern über einen Rasen, wie ich ihn mir in meinem Garten schon lange wünsche. Unser Golflehrer wollte weder Pro noch Contra genannt werden (Golflehrer nennen sich Pro, weil sie für Golf sind!). Er nannte sich Spielraumgestalter und hieß Frank.

Frank ließ uns unsere Schläger weglegen und einen Golfball nehmen. Und während wir mit dem Ball in unseren Händen spielten, kamen wir in ein lockeres Gespräch darüber, was wohl alles in diesem kleinen weißen Ball stecken könnte und was wir darüber schon gehört hatten. Den anderen ging es wie mir. Die Bandbreite reichte vom größten Glücksgefühl über Abenteuer, Spaß und Freude bis zu Verzweiflung, Frust, Resignation und Selbstzweifeln, ganz wie im Leben. Allein aus der Zusammenfassung dessen, was wir bisher gehört hatten, zeigte sich schon die Dimension dieses Spiels, das nicht umsonst „Spiel des Lebens“ genannt wird

Während wir langsam zur Driving Range schlenderten, sagte Frank, dass Golf ganz leicht sei, vor allem die guten Schläge, das seien die leichtesten. Schwer sei lediglich die konstante Wiederholung des Leichten, wie wir es vom Leben ja kennen würden. Frank meinte, es sei Ball und Schläger ganz egal, wie wir schlagen, und ihm als Lehrer übrigens auch. Das ist Contra, dachte ich, ich hätte doch besser zu einem Pro gehen sollen!

Während Frank sich einen Schläger nahm und sich locker zum Schlag aufstellte, sagte er zu uns, dass wir jetzt herausfinden, was einen Schlag eigentlich ausmacht. Wir sollten ihm einfach bei ein paar Schlägen zuschauen, es dann selbst versuchen und uns dabei gegenseitig beobachten. Und so ging jeder zu seinem „ersten Mal“. Ich fand das In-die-Luft-schlagen sehr beeindruckend, und geradezu begeistert war ich, als ich zum ersten Mal dieses kurze Klack hörte, dem ein herrlicher Flug folgte.

Da wir keinerlei technische Anweisungen bekamen, probierte es jeder auf seine Art. Danach tauschten wir unsere Erfahrungen aus, gefolgt von ein paar weiteren Schlägen von Frank, die wir ebenfalls kommentieren sollten. Dabei fiel dem einen die Fußstellung auf, dem anderen die Handhaltung, dem nächsten die Blickrichtung. Einer fragte, wieso Golfer immer so komische Kniebewegungen machen, und so gingen wir mit immer neuen Eindrücken in die folgenden Runden. Jeder probierte dabei etwas anderes aus und veränderte da und dort etwas. Und wenn es auch nur Kleinigkeiten waren, so erhöhte sich die Trefferquote doch deutlich. Auf diese Weise – Frank beobachten, Austausch, Ausprobieren, Austausch usw. – machten wir noch einige Runden und als alle einmal erlebt hatten, wie es ist, wenn der Ball nach dem Abschlag wie von unsichtbarer Hand gezogen sich selbst beschleunigend davon saust, sagte Frank: „Das ist Golf und ab jetzt geht es darum, diesem Gefühl auf der Spur zu bleiben.“

Er forderte uns auf, uns einmal umzusehen und die anderen Golfer auf der Driving Ranch zu beobachten, wie nahe sie unserer Meinung an dem ihnen eigenen Schlag wären. Was wir mit unseren Laienaugen sahen, war verblüffend: Jeder machte es anders, im Bemühen, eine bestimmte Form zu finden. Die meisten waren mehr verkrampft als entspannt und von Genuss und Freude war nicht viel zu sehen. Das, worauf wir die ganze Zeit geachtet hatten, nämlich Antworten auf die Frage „Was macht es mir leicht?“ zu finden, schien dort eher zu lauten „Warum ist das nur so schwer?“ oder „Was muss ich tun, damit ich besser treffe?“. Wenig Wohlwollen sich und dem eigenen Körper gegenüber, kaum Akzeptanz der eigenen körperlichen Befindlichkeit und Beweglichkeit, lediglich Ungeduld, Ärger und Frustration war zu erkennen. Es sah auch nicht schön aus. Hier wurde das Spiel zur harten Arbeit mit viel Verbissenheit und äußerster  Anstrengung, als sei es ein Kampf.

Ziel ist es allerdings, und das weiß mehr oder weniger bewusst jeder, der Golf spielt, in Fluss zu kommen, den inneren mit dem äußeren Schwung zu verbinden, sich an Grenzen heranzuwagen und loszulassen. Die richtige Technik, der natürliche Schwung folgen dann von selbst. Die Frage ist lediglich, wie man dahin kommt. Frank meinte, es ist nicht nötig zu wissen, wie es geht und wie die Einzelteile des Schwungs aussehen, sondern seinem Körper nach und nach zu erlauben, sich diesem natürlichen Schwung anzunähern. Denn wenn Sie einen Könner beobachten, werden Sie merken, dass es leicht ist, dass nichts stockt oder zögert, dass sich Kräfte aufbauen und an einem bestimmten Punkt schwungvoll entladen. Und das kann jeder von uns, wenn auch nicht von heute auf morgen, da unser Körper diesen Schwung erst entdecken muss. Beim inner game kommt dieser Schwung von innen, vom Spieler selbst und nicht von außen in Form von Technik oder Anleitung.

„Schauen Sie in sich, dort werden Sie Ihren Schlag finden und nicht beim Trainer oder bei anderen. Und alles, was Sie ab sofort beim Golf erleben werden, alles hat unmittelbar mit Ihnen und Ihrem Leben zu tun. Denn so, wie Sie beim Spazieren über die Hügel des Golfplatzes Höhen und Tiefen überwinden, wird auch Ihr Golfspiel Sie zu Höhen und Tiefen führen. Sie und Ihr Ball werden nass werden, sich Widerständen ausgesetzt sehen. Alles ist wie im Leben, in dem wir ohne unsere Tiefs die Höhen gar nicht richtig zu genießen wüssten. Wenn es Ihnen gelingt, das anzunehmen und in Ihr Golfspiel mit einzubeziehen, werden Sie Ihr Leben auf vielfältige Weise erforschen können.“
Damit verabschiedete sich Frank und ging zu ein paar Herren, die bereits auf ihn warteten. Vorstände einer Bank mit Handicap, wie Frank uns sagte, die beim Golfen Erkenntnisse über ihren Führungsstil gewinnen wollten.

Auszug aus dem Buch:

 

Buch Spielraum für Wesentliches, Christian Maier

SPIELRAUM   FÜR WESENTLICHES 
Christian Maier 
19,50 EURO,  38,00 CHF 
192 Seiten
inkl. 3 Jongliertücher
1. Auflage   2007 gebunden
allesimfluss-Verlag
ISBN   978-3-9809167-2-1 

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In der nächsten Woche geht es weiter mit der inner game Reihe.
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