Gesa Weinand

Wie HR und Weiterbildungsprofis Mitarbeitende stärken

Karrierehungrige individuell fördern – So klappt’s mit System

Gesa Weinand

Die Arbeitswelt verändert sich rasant – Industrie 4.0, digitale Transformation, VUCA. Noch nie tummelten sich so viele unterschiedlich geprägte Personengruppen gemeinsam in den Büroräumen und Lagerhallen. Die Generationen rücken zusammen, konservativ geprägte Babyboomer treffen auf Digital Natives, Quereinsteiger wirken neben Fachexpertinnen, Freelancer und Angestellte bilden virtuelle Teams. Und jeder Einzelne von ihnen hat unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse an seine persönliche Karriere, an die ideale Jobsituation und zeitgemäßes Arbeiten. Mehr denn je legen Berufstätige großen Wert auf individuelle Entfaltung im Job. Kein Wunder, wenn es hier zu Spannungen kommt und Führungskräfte mit der Förderung hinterherhinken.

Höchste Zeit, umzudenken

Mitarbeitende, die bei ihrem Arbeitgeber nicht die gewünschte Unterstützung finden, wandern ab. Menschen der Generation Z bleiben durchschnittlich nur etwa zwei Jahre im Unternehmen – ohne Förderung liegt die Kündigung schon früher auf dem Tisch. Obwohl der Ruf immer lauter wird, gehen viele Unternehmen das Thema persönliche Weiterentwicklung immer noch zu wenig an. Und dann häufig sehr beliebig. Viele Firmen sind mit dieser Vielfalt an Anforderungen schlichtweg überfordert. Die Lösung: individuelle Förderung mit System – mit einer klaren Route und persönlicher Betreuung in Form eines „Karriere-Coachs“. Diese Funktion kann eine eigens geschaffene Stelle sein, eine Führungskraft oder auch ein externer Coach übernehmen.

Das individuelle Potenzial der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entfalten, ist eine langfristige Investition ins Unternehmen. Gestärkte Kollegen tragen die Organisation. Nur so verfügt eine Firma über die nötige Kraft und Ressourcen, Veränderungen der Zukunft erfolgreich zu schultern. Auch wenn Berufsstarter nach wenigen Jahren das Unternehmen wieder verlassen, lohnt sich die Investition in den Menschen. Viele Ehemalige kommen zurück, wenn sie mal zufrieden waren – ob als Angestellte, Freelancer, Empfehlungsgeberin oder Kunde. So sparen Betriebe sich den Headhunter. Für das Unternehmen bleibt die Rechnung gleich, ob es einen Rekruter bezahlt oder einen Karriere-Coach. Vom Karriere-Coach profitieren die Menschen jedoch deutlich mehr.

System etablieren

In der Hektik des Alltags rutschen Führungskräfte leicht in die Falle ab, Mitarbeitende so zu entwickeln, dass es primär ihnen selbst oder dem Unternehmen nutzt.

Doch andersherum wird ein Schuh draus. Die Frage lautet: Was kann die Mitarbeiterin? Was will sie und nützt ihr wirklich? Erst danach wandert der Blick nach innen: Können wir dieses Talent fördern und gewinnbringend einsetzen oder nicht?

Erster Schritt: Standortanalyse

Ein Karriere-Coach arbeitet daher nicht an einer speziellen Lösung, sondern beginnt mit einer Bestandsaufnahme. Typische Fragen sind: Was haben Sie bisher erfolgreich gemacht? Was sind Ihre Stärken? Was ist Ihr USP? Was zeichnet Sie besonders aus oder macht sie einzigartig? Welche Misserfolge mussten bisher bewältigt werden und wie ist das gelungen?

Zweiter Schritt: Vom Ist zum Soll

Im Anschluss besprechen Karriere-Coach und Coachee die Frage nach den mittelfristigen und fernen Zielen: Welche Art Job wollen Sie in einigen Jahren machen? Was wollen Sie dann arbeiten? Welche Branchen, Regionen, Länder kommen infrage? Was sind mittelfristige Ziel-Tätigkeiten? Geht es darum, die fernen Ziele zu erreichen, ändert sich der Tenor der Fragen: Was ist ein sinnvoller erster Schritt in die richtige Richtung? Welche Kompetenzen sind dafür nutzbar, welche müssen entwickelt werden?

Dritter Schritt: Leistbarer Verlust

Wer langfristig Erfolg haben will, sollte sich auch die Frage stellen, welchen Preis er oder sie bereit ist für die eigenen Ziele zu zahlen. Welche „Verluste“ will er/sie für eine bestimme Zeit oder Phase des (Erwerb)Lebens hinnehmen? Ist es vertretbar, die Familie eine gewisse Zeit hintenanzustellen, eine Wochenendbeziehung zu führen oder Überstunden zu machen, wenn ein spannendes Projekt es erfordert? Ist ein schlecht bezahlter Job annehmbar, der dafür inhaltlich herausfordert und breit aufgestellt ist? Wäre angesichts Familie und Co. ein weniger gut dotierter, aber sicherer Job die bessere Wahl? Braucht die Mitarbeiterin Zeit zur Selbstfindung oder behindert das ihre Karriere?

Idealerweise findet diese Auseinandersetzung in einem geschützten Rahmen statt, fortschrittliche Unternehmen bieten ihren Beschäftigten entsprechende Inhouse-Seminare oder -Beratungen außerhalb der Hierarchie bzw. von Externen an. Im nächsten Schritt werden dann mit HR und der jeweiligen Führungskraft mögliche Entwicklungsschritte in die gewünschte Richtung besprochen.

Gemeinsame Verantwortung für Employability

Findet sich im Unternehmen zurzeit keine Möglichkeit zur Weiterentwicklung, können Führungskräfte und HR gemeinsam mit den Mitarbeitenden in den eigenen Netzwerken nach anderen Optionen suchen. Durch die aktive Unterstützung auch über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus und entsprechende, kontinuierliche Beziehungspflege nach einem Wechsel, kann es vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt zur Wiederbeschäftigung kommen, wenn die Voraussetzungen auf beiden Seiten passen. Auf jeden Fall wird durch eine gemeinsam getragene Verantwortung für die Employability der Mitarbeitenden die Loyalität und Wertschätzung gegenüber dem Unternehmen gefördert und das Arbeitgeber-Image langfristig gestärkt.

Berufliche Weiterentwicklung darf kein Zufall sein

Zusammengefasst: Wie gelingt es einem Unternehmen bei einer immer heterogenen Belegschaft und in dynamischen Zeiten, Mitarbeitende individuell zu fördern? Indem es die Sache systematisch angeht! Dabei braucht es ein klares Konzept. Karriereförderung per Zufall funktioniert nicht. Was Menschen hilft, ist ein Karriere-Coach als Karriere-Lotse und das gemeinsame Verständnis von HR, Führungskräften und Beschäftigten, dass aus der geteilten Verantwortung für die Employability der Beschäftigten eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten wird.

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Über die Autorin:

Gesa Weinand, Karriereberaterin und Coach, ist seit über 20 Jahren in der Personal- und Organisationsentwicklung tätig, davon 15 Jahre in Führungsfunktionen, u. a. bei der Deutschen Telekom AG. Ihre Leidenschaft ist die Begleitung von Menschen in Veränderungsprozessen und das Freisetzen von Potenzialen. Seit 2014 führt sie ihr eigenes Unternehmen, die New Perspective CC GmbH, mit den Schwerpunkten Executive Coaching, Führungskräfteentwicklung und Karriereberatung.
http://www.newperspectivecoaching.de

www.agile-karriere.de

Das Buch zum Thema:

Gesa Weinand agile karrieregestaltung Cover 

Gesa Weinand
Agile Karrieregestaltung
Ein Workbook für die Karriere 4.0
230 Seiten Broschur
ISBN 978-3-648-11464-3
24,95 € (D)
Haufe Freiburg, 2019

Die einen spüren es beim ersten Bewerbungsmarathon, andere nach ein paar Jahren Berufserfahrung: Das mit der Karriere ist gar nicht so einfach! Die heutige Arbeitswelt ist schnelllebig, komplex und dynamisch. 40 Jahre im gleichen Job? Das war einmal. Zukünftig wird es Jobmodelle und Technologien geben, die wir jetzt noch gar nicht kennen. Viele fühlen sich verunsichert und wissen nicht, wohin die berufliche Reise für sie gehen wird. Orientierung finden Suchende im Workbook „Agile Karrieregestaltung“. Für Business-Coach Gesa Weinand ist eines sicher: Karriere lässt sich heute kaum noch planen, aber sie lässt sich gestalten. Schritt für Schritt beleuchtet Gesa Weinand die zukünftige Arbeitsmarktlage. Wer beruflichen Erfolg sucht, muss mit Wandel umgehen können. Neue Gelegenheiten erkennen, schaffen und nutzen. Das ist es, was agile Karriere bedeutet: offen sein für verschiedene Optionen, sich mutig in unsichere Felder wagen und dabei auf sich selbst vertrauen. 

Bildnachweis: Gesa Weinand - Birgitta Petershagen; Cover / Haufe Verlag

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