benjamin schulz 2013 Benjamin Schulz

Gourmet oder Convenience

Wie viel Identität braucht eine gesunde Positionierung?

Benjamin Schulz

Das World Wide Web ist voll davon: Trainer und Coaches, die als strategische Experten, breit aufgestellte Fachspezialisten und Problemlöser mit den neuesten Tools und möglichst vielen Weiterbildungen auf Kundenfang sind. Natürlich immer so flexibel, um sich individuell auf deren Bedürfnisse einstellen zu können. Da stellt sich die Frage: Geht die eigene Identität immer weiter verloren, weil man sich als Trainer oder Coach den Anforderungen des Markts anpassen muss? Wie viel Identität braucht eine gesunde Positionierung?

Der Markt ist knallhart, erbarmungslos und schwer umkämpft – aber er ist auch voller genialer Chancen, wenn man bereit ist, seine eigenen Grenzen zu erweitern. „Selbstverständlich bilde ich mich regelmäßig weiter“, wird der eine oder andere an dieser Stelle mit Recht einwenden. Allerdings geht es mir nicht um eine fachliche Weiterentwicklung, die dafür sorgt, dass der Weiterbildner noch mehr Lösungsmöglichkeiten für seine Kunden parat hat. Diese können auch schon bald von der Konkurrenz eingesetzt werden und führen nur dazu, dass das Angebot schon bald wieder Convenience-Status erlangt. Mir geht es vielmehr um eine Grenzerweiterung in der eigenen Sichtweise, der Werte, der persönlichen Haltung.

Die Rolle als Identitätskiller

Ich kenne viele Weiterbildner, die vor Publikum, auf der Bühne oder im Setting in eine Rolle schlüpfen und diese erst dann wieder ablegen, wenn der Arbeitstag zu Ende ist. Das beginnt mit dem unangenehm sitzenden Anzug oder Kostüm und hört mit der Artikulation auf. Zuhause fühlt man sich endlich wieder befreit und weiß aber auch, dass der neue Tag das gleiche abverlangen wird. Sicherlich kann man wenig gegen den Dresscode in gewissen Kreisen unternehmen, aber haben Sie sich nicht schon einmal überlegt, ob Sie dann überhaupt in dieser Zielgruppe richtig sind? Wie würde man dort reagieren, wenn Sie in Jeans, Turnschuhen und T-shirt aufliefen? Mark Zuckerberg hält noch heute seine Reden im Stundentenlook, obwohl er sich locker alle maßgeschneiderten Anzüge der Welt leisten könnte. Aber man kennt ihn von Beginn an so, weiß seine Arbeit dadurch nicht minder zu schätzen und würde von ihm auch keine andere Auf­machung verlangen.

Identität = „echt“ kommunizieren

Egal, welches Bild Sie nach außen abgeben oder was Sie kommunizieren… es sollte auf jeden Fall echt sein, Ihrer Identität, Ihrer Haltung und Ihren Werten entsprechen. Ein permanentes Verstellen der Persönlichkeit bedeutet auf Dauer einen stückweisen Verlust Ihrer Identität. Das Ganze gleicht dann nur einem täglichen Kampf gegen den eigenen Lebenssinn und führt über kurz oder lang zu Unzufriedenheit, Unlust und unterm Strich zum Betrug am Kunden. Bringen Sie hingegen Ihre wahre Haltung an den Tag, merken das Ihre Kunden unweigerlich, weil sie diese mit Ihrem ganzen Denken, Fühlen und Handeln zum Ausdruck bringen. So erleben Ihre Kunden auch keine bösen Überraschungen, wenn Sie in einer Minute abseits des ganzen Business ebenso auftreten, wie vor Publikum. Wer das schafft, ist für seine Kunden nicht nur kompetent sondern auch nahbar und echt.

Schritt für Schritt Veränderung zulassen

Selbstverständlich kann man sein über Jahre durchgeführtes Konzept und sein Äußeres nicht von einem Tag auf den andern komplett umkrempeln und sich komplett neu aufstellen. Für Kunden käme das einem Imagebruch gleich und könnte die ein oder andere Enttäuschung hervorrufen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und mit diesem Hintergedanken heißt es, an eine schrittweise Umstellung zu gehen, damit auch Außenstehende eine Entwicklung erkennen und das Ganze nicht als Überfall abtun. Für Sie als Coach oder Trainer kann dieser Schritt aber dann die Chance sein, bis zu einem Tag X die alte Rolle ablegen und endlich so agieren zu dürfen, wie es der eigenen Identität entspricht.

Mut zur Identität

Für einen ersten Schritt aus eingefahrenen Mustern braucht man vor allem eins: Mut. Und manchmal ist es auch hilfreich, einen Begleiter an seiner Seite zu haben, der in schwierigen Momenten da ist als Gefährte und emotionale Stütze. Sich einen solchen Begleiter zu nehmen hat nichts mit Schwäche zu tun – im Gegenteil: Wer für sich erkannt hat, dass es allerhöchste Zeit ist, seine Identität endlich leben zu wollen, zeigt absolute Stärke. Nur so besteht die Möglichkeit, in seinem Fachgebiet ein absoluter Experte zu werden und auch als solcher gesehen und gebucht zu werden.

Gourmet statt Convenience

Fakt ist: Die Welt wird immer komplexer. Prozesse in Unternehmen werden immer komplexer. Menschen mit ihren unterschiedlichen Aufgaben gehören in Teams und Abteilungen, die wiederum woanders Einfluss nehmen. Wie spielt das alles zusammen?

Das zu erkennen, trennt Gourmet von Convenience: Für einen Trainer oder Coach, der dort mit komplexen Prozessen konfrontiert wird, bedeutet das, in der Lage sein zu müssen, sich schnell einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Es ist also nicht nur Spezialwissen gefragt, sondern auch ein globales Auge für das Ganze, für den Blick über den Tellerrand. Gute Trainer und Coaches können das erfassen und damit arbeiten. Gute Trainer und Coaches sind auch in der Lage, zu erkennen, wenn es Zeit ist, einen weiteren Experten dazu ziehen zu müssen, um die Anforderungen ideal zu erfüllen. Auch das ist ein Zeichen von Stärke und Offenheit, die einen weiteren Pluspunkt beim Kunden verschafft.

Raum für Nahbarkeit

Ein weiterer elementarer Punkt für den Erfolg als Trainer oder Coach ist die Fähigkeit, sich auf sein Gegenüber einstellen zu können. Ein aus seinem Porsche schlüpfender Trainer im Nadelstreifenanzug wird wohl kaum die Nähe zu seinen Trainingsteilnehmern aufbauen können, wenn diese nicht gerade zur Geschäftsführung gehören. Er muss sich auf die Ebene seiner Kunden begeben, die Stimmung dort aufnehmen und sich darauf einstellen können. Er muss ein guter Zuhörer sein, zwischen den Zeilen lesen und die Situation als Ganzes erfassen können. Mit diesem „sich einfühlen können“ entsteht eine ideale Ebene der Kommunikation, die Kritik ebenso zulassen kann wie Verbesserungsvorschläge oder Lob. Es entsteht ein Raum für Nahbarkeit, ein Raum der Empathie und der Emotionalität.

Es ist ein Leichtes, mit der Masse mitzuschwimmen. Die eigene Identität läuft jedoch dabei Gefahr, unterdrückt zu werden. Wer den Mut hat, sie zu leben, ist der wahre Held seiner eigenen Geschichte und wird zum Gandalf seines Spezialgebiets.

Der Autor

ist Geschäftsführer der Marketing-Agentur werdewelt®, Marketingexperte und Autor der Bücher„Marketing Heroes never die" und „Raviolität – Identität oder Quatsch mit Soße". Er arbeitet sowohl als Coach und Sparringspartner für Coachs, Trainer und Berater sowie als Begleiter von Firmen, Non-Profit Unternehmen, Führungskräften und Menschen, die sich sicher durch die Wogen der heutigen Zeit führen lassen und Herausforderungen meistern wollen.

Kontakt:

Benjamin Schulz
Lindersrain 2
D-35708 Haiger

Tel. 02773-7437-0
Fax 02773-7437-29
schulz@werdewelt.info
www.werdewelt.info

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