armin_poggendorf.jpg Prof. Dr. Armin Poggendorf

Was ist Teamdynamik?

Soziale Dynamik in kreativen und produktiven Systemen

 

Erlebte, erforschte und angewandte Teamdynamik

Teamdynamik ist dreierlei, sie ist

  • eine Wirklichkeit für den, der in einem Team arbeitet oder mit anderen kooperiert
  • eine Wissenschaft für den, der sich darum bemüht, die prinzipiellen sozialen Zusammenhänge zwischen den Teammitgliedern zu erfassen, zu verstehen, zu beschreiben und zu erklären
  • eine Methodik für den, der ein Team trainiert, moderiert, motiviert, leitet, berät, systemisch aufstellt und die Einzelnen im Team fördert, weiterbildet oder qualifiziert.

Je nachdem, ob jemand zum Beispiel Teammitglied, Teamforscher oder Teamtrainer ist, handelt es sich also um erlebte, erforschte oder angewandte Teamdynamik.

Eine sozio-kulturelle Innovation

Der team-dynamische Ansatz, den ich in diesem Buch vorstelle, geht auf den Bedarf an neuen, wirksamen Interaktions- und Vermittlungsformen ein. Beim gegenwärtigen Trend zu den elektronischen Medien, zur digitalen Kommunikation und zum virtuellen Kontakt entsteht unvermeidlich ein Bedarf an leibhaftiger Begegnung und Face-to-Face-Kommunikation. Es gibt ein neues Verlangen nach persönlicher Nähe, menschlicher Zuwendung, sozialem Lernen, kultureller Integration, nach Anschluss an eine Werte- und Verhaltenskultur. Darüber hinaus einen Bedarf an individueller Klärung und Reifung.

Bei meinem Ansatz wende ich spezielle, neu entdeckte, wiederentdeckte und optimierte Methoden an und setze methodisch ausgefeilte Interaktionsformen ein. Wenn ich also in diesem Buch von „Teamdynamik“ spreche, dann meine ich durchweg die angewandte Teamdynamik. Diese Methodik hat sich in vielen Jahren unter der Beteiligung von Trainerkollegen, Teilnehmern und Studierenden aus vielen Experimenten und Erfahrungen herauskristallisiert und hat dann allmählich Konturen angenommen, so dass ich jetzt das Ergebnis als eigenständige Methodik präsentieren und weiterreichen kann: als Teamdynamik. Ich möchte sie als sozio-kulturelle Innovation bezeichnen.

Einen Teamdynamiker nenne ich jemanden, der die team-dynamischen Methoden anwendet. Das schließt natürlich nicht aus, dass er Teams auch als Teammitglied erleben oder als Wissenschaftler erforschen kann. Aber in diesem Buch geht es im wesentlichen um die Anwendung in den Bereichen Weiterbildung, Training, Coaching und Beratung.

 Teamdynamik ist eine optimierte Methode

  • zur Bildung und Fortbildung des Teams als soziales und funktionales System
  • zur Ausbildung und Entwicklung des Einzelnen im Team und durch das Team

Teamdynamik ist also eine Methode zur Vervollkommnung der Qualifikationen und der Kompetenzen im Team auf zwei Ebenen, die systemisch zusammengehören: Die Ebene des Systems und die Ebene der Elemente. Diese Ebenen sind zugleich die zwei Zweckebenen, die unzertrennlich sind. Denn – um ein effizientes Team aufzubauen, muss man auf den Einzelnen schauen, ihn einbinden und qualifizieren – um den Einzelnen effizient zu fördern, braucht man ein qualifiziertes Team. Das System entwickelt sich nur durch seine tüchtigen, loyalen Elemente, und die Elemente können sich nur in einem intakten System entwickeln. Ein teamdynamisches Training hebt die Energie des Einzelnen sowie die Synergie des Teams.

(...)

Ein Team ist ein dynamisches, produktives, soziales System

Der Begriff Teamarbeit (Teamwork) ist heute sehr weit verbreitet. Er steht in den meisten Fällen für qualifizierte Zusammenarbeit. Dabei ist vorerst offen, worin die Qualifikation wirklich besteht, und es ist gleich, ob sich die zusammenarbeitende Personengruppe als „Team“, „Abteilung“, „Kollegium“, „Kollektiv“, "Kooperation“,„Mannschaft“, „Belegschaft, „Crew“ etc. bezeichnet. So kann zum Beispiel auch ein Kollegium gute „Teamarbeit“ leisten.

Teamarbeit ist eine Antwort auf die veränderte sozio-technische und sozio-kulturelle Situation und die neuen Anforderungen des Marktes, die da lauten: Innovation, Globalisierung, Internationalisierung, Qualitätssteigerung und Kundenorientierung.

  • Teamarbeit ist ein Weg, die zunehmende Komplexität zu bewältigen, die den einzelnen spezialisierten Mitarbeiter überfordert.
  • Teamarbeit kommt dem Wunsch qualifizierter Mitarbeiter entgegen, bei ihrer Arbeit mehr Gestaltungsspielräume und Mitwirkungsmöglichkeiten zu haben.

Nicht unbedingt bei Routineaufgaben, aber ganz bestimmt bei kreativen Aufgaben und interdisziplinären Aufgabenstellungen ist ein Team in der Regel effizienter als Mitarbeiter, die in verschiedenen Abteilungen sitzen und die Aufgaben sukzessive bearbeiten. Die Teambildung der Mitarbeiter wird damit zu einem wichtigen Leistungsfaktor in Organisationen, seien es Unternehmen, Institutionen oder Verbände.

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Woran erkennt man die Teamdynamik?
 

  • Der team-dynamische Kreis
    Das wohl augenfälligste Merkmal unserer Methode ist der Kreis. Wir nennen ihn den team-dynamischen Kreis. Wir setzen das versammelte Trainingsteam in den Kreis, die einzige Form, bei der die zugehörigen Menschen einander auch tatsächlich alle zugewandt sind. Alle Teilnehmer sitzen auf Stühlen und schauen in die Mitte, wo sich die bewegten und bewegenden Szenen abspielen.
     

  • Kreismitte als Fokus
    Bei einem Trainingsteam von 10 bis 15 Teilnehmern kann man die Kreismitte als Fokus der Aufmerksamkeit nutzen. Das heißt, der Einzelne stellt sich für seinen Beitrag in die Mitte, teilt sich von dort aus mit, bringt sein Anliegen ein, gibt sein Statement, nimmt sein Feedback entgegen. Jeder hinterlässt mit seinem persönlichen Ausdruck bei allen, die im Kreis sitzen, einen persönlichen Eindruck. Die Reaktion aus dem Kreis kann äußerst vielfältig ausfallen, vor allem kann sie Bestätigung oder auch Korrektur enthalten, je nachdem, wie der Beitrag in der aktuellen Situation aufgenommen wird. Jeder hat die Möglichkeit, mal in der Mitte zu stehen – wie es allenthalben gefordert wird: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Hier geschieht es wirklich, und das ist kennzeichnend.
     

  • Kreisfläche als Bühne
    Die Form des team-dynamischen Kreises bietet einen optimalen Rahmen für Selbstdarstellungen, Teamaufstellungen, Skalierungen, Inszenierungen und spontane Rollenspiele. Die Kreisfläche dient als Bühne. Hier entwickeln sich die Szenen, in denen die Teilnehmer emotional lernen können oder auch einen lösenden, heilsamen Prozess erleben. Im Kreis entsteht ein Kohärenzfeld (teambildendes Feld), in dem sich die sozialen und emotionalen Beziehungen abbilden, aber auch neu bilden können. Dieses Kohärenzfeld ist bester Nährboden für persönliches Wachstum und individuelle Weiterentwicklung. Hier entfalten und erproben sich die Kompetenzen, die Empathie und das Selbstbewusstsein der Teilnehmer als Basis für effiziente Teamarbeit und Kooperation. Es geht aber nicht nur darum, Einzelne zu qualifizieren und miteinander in Beziehung zu bringen, sondern zugleich darum, den Einzelnen mit dem Gesamten in Beziehung zu bringen und sein Engagement für die Gesamtaufgabe zu gewinnen.
     

  • Proxemik
    Ein anderes Erkennungsmerkmal ist die Proxemik, das Raumverhalten. Die Teamdynamik nutzt die proxemischen Gesetze der Raumbedeutung und des Raumverhaltens mit ihren vier Dimensionen: Distanz, Augenhöhe, Ausrichtung und Berührung. Das proxemische Prinzip besteht darin, dass sich soziale und emotionale Beziehungen physisch, das heißt räumlich und körperlich, abbilden. Mithilfe der Proxemik gelingt es, die sozio-emotionalen Beziehungen mit räumlich-körperlichen Konstellationen plastisch darzustellen, zu klären, zu ordnen und anzuregen. Wir können die proxemischen Konstellationen also einerseits wahrnehmen, andererseits aber auch herstellen und wirken lassen. Die proxemische Sprache ist die „Raumsprache“, in der wir uns meist unbewusst verständigen, in den Trainings aber bewusst ausdrücken.
     

  • Plätze mit Bedeutung
    Plätze symbolisieren soziale Positionen. Das äußerliche, sichtbare Kennzeichen unserer Arbeit mit der Proxemik ist, dass die Teilnehmer immer wieder andere Plätze einnehmen. Sie rücken die Stühle, gruppieren sich und richten sich immer wieder neu aus. Sie tauschen die Plätze, manchmal noch ehe sie Worte ausgetauscht haben, manchmal nachdem sie die Angemessenheit des Tausches intensiv geprüft haben.
     

  • Teamtrainer
    Ein weiteres Merkmal ist die Mitwirkung eines Teamtrainers, der das dynamische Geschehen leitet. Welche Positionen, Konstellation und Übungen er dabei vorschlägt, welchen Weg er einschlägt, wie er moderiert, interveniert, inszeniert, supervidiert, muss er in jeder Situation immer wieder neu entscheiden. Aufgrund seiner Erfahrungen und Eingebungen lenkt er spontan die Interaktion. Dazu muss er die vielfältigen team-dynamischen Methoden beherrschen, die systemischen und proxemischen Prinzipien kennen, vor allem die aktuelle soziale Dynamik im System genau erfassen. Manchmal allerdings läuft auch ein Happening, ein Prozess, der sich selbst organisiert.
     

  • Der team-dynamische Prozess
    Dieser vielschichtige Prozess mit all seinen Ebenen der Interaktion wird im hohen Maße geprägt von der Erfahrung und Kreativität des moderierenden Teamdynamikers. Dieser sollte möglichst als „Moderator für team-dynamische Prozesse“ ausgebildet sein und gleichermaßen künstlerische wie pädagogische und therapeutische Aspekte mit einbeziehen. Für seine Rolle ist es hilfreich, wenn er möglichst viel Lebenserfahrung, insbesondere auch Workshoperfahrung mitbringt und in existenziellen Lebenssituationen schon ein breites Spektrum an Emotionen kennengelernt hat.

(...)

Quelle: Auszug aus "Team Dynamik" dem Buch von Armin Poggendorf und Hubert Spieler


Mehr Informationen zum Thema:

Institut für Angewandte Teamdynamik
Prof. Dr. Armin Poggendorf 
Albert-Einstein-Straße 5
36093 Künzell bei Fulda
Tel (Hochschule):  0661 -  9640 - 386
Armin.Poggendorf @ t-online.de
www.teamdynamik.net

 

Teamdynamik

 

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