Weil Herr Höppeldipöpp sich viel um andere Leute kümmerte, aber sich selbst und seine Gesundheit ein bisschen vernachlässigte, beschloss er, sich zum Valentinstag einen großen Selbst-Liebesbeweis zu machen: er wollte endlich aufhören zu rauchen.

Nun, das war keine leichte Kiste. Denn Herr H. raucht seit er 15 Jahre alt ist, also fast seit einem Vierteljahrhundert. Und es begann ihn mehr und mehr zu nerven: kaum jemand von den Kollegen und Freunden rauchte noch, das Image eines Rauchers war schlecht, der morgendliche Raucherhusten,  Nervosität, wenn Kundentermine länger als eine Stunde dauerten und der Kunde nicht rauchte ...

Entstanden ist die Anti-Rauch-Strategie während eines Coaching-Programmes. So ziemlich am Ende. Herr H. denkt sich: „Das, was ich hier in Sachen Führung und In-den-Griff-kriegen von Aggressionen lerne, müsste doch theoretisch auch beim Rauchenaufhören gelingen. Das Prinzip ist doch ähnlich."

Herr H. macht sich seine eigene neue, frisch gelernte Führungs-Strategie bewusst. Was hat er eigentlich genau getan?

1. eine grundsätzliche Entscheidung getroffen
2. den richtigen Startpunkt gefunden
3. sich eine Erlaubnis gegeben (Zurückfallen in altes Verhalten wäre o.k.)
4. Informationen gesammelt
5. bewusst wahrgenommen: was tue ich wann und warum?
6. Hilfen und Unterstützung gesucht und genutzt
7. dem Projekt einen guten Anfang und ein feierliches Ende gegeben
8. umgesetzt
9. die Rechnung gezahlt
10. Durchhaltestrategie gefunden

Die grundsätzliche Entscheidung

fiel bereits vor zwei Jahren. Da wurde Höppeldipöpp 38 Jahre alt und schwor sich: „Bevor ich vierzig bin, höre ich auf zu rauchen".

Der richtige Startpunkt

am Valentinstag war nicht zuletzt deshalb ein guter, weil H. sich auf der Silvsterparty vor einigen Wochen frisch verliebt hatte. In eine vielrauchende Ärztin. Ihm war klar: „Wenn wir zusammenbleiben, rauche ich in kürzester Zeit das Doppelte. Das geht gar nicht!" Also beschlossen beide gemeinsam aufzuhören.

Erlaubnis geben

H. ist ein Typ, den Verbote und Grenzen erst recht zu Höchstleistungen anspornen. Das hat er im Coaching herausgefunden. Er hat einen Deal mit sich gemacht: „Solange du dich aufs Nichtrauchen vorbereitest, darfst du weiterrauchen. Bedingung: nur bewusst und immer mit Genuss. Und du darfst versagen. Dann versuchst du halt eine andere Strategie".

Informationen sammeln

H. hat sich seit seiner grundsätzlichen Entscheidung sehr mit dem Thema „Nichtrauchen" beschäftigt (nachdem er vorher alle Informationen konsequent ignoriert hatte), Artikel und Bücher gelesen. Erfolgreiche Nicht-mehr-Raucher interviewt: „Was war Eure ganz persönliche Strategie?" Und er fand Verblüffendes heraus:

  • Die wenigsten Raucher sind nikotinabhängig (höchstens 5 % oder so), die meisten sind nur „verhaltensgeschädigt". Deshalb funktionierten die Nikotinpflaster und Kaugummis in der Regel auch  nicht. Höchstens als Placebos. 
  • kein Hilfsmittel ersetzt den festen Willen. 
  • fast alle Nichtraucher beschäftigen sich schon länger mit dem Aufhören und haben mindestens einen erfolglosen Versuch gemacht. Nur nach außen wirkt es so, als hörten Raucher von einem Tag auf den anderen auf.

 

Bewusst wahrnehmen

Herr H. macht sich klar: Er hat regelrecht Angst vor dem Nichtmehr-Rauchen. „Gibt es ein ordentliches Leben ohne Zigarette?" „Wann rauche ich, warum rauche ich, welcher Rauchertyp bin ich? Welchen Hauptnutzen habe ich vom Rauchen und wie kann ich ihn auf eine andere, bessere Art bekommen?" Gute Fragen, gute Fährte, aber heraus kam ... nix. Wischi-Waschi. Höppeldipöpp rauchte irgendwie immer: Wenn es ihm gut ging, wenn es ihm schlecht ging, wenn er Hunger hatte, wenn er satt war, bei der Arbeit, in der Freizeit, morgens, mittags, abends, vor dem Joggen, nach dem Joggen.
Herr H. fand erst viel später heraus: „Wer wissen will, warum er raucht, muss erst aufhören. In seinem Fall fehlte ihm die Zigarette am meisten in der Arbeit, denn der Hauptnutzen des Rauchens für ihn war: tief Luft holen, Pause machen, um nachzudenken. Als Mini-Break. Als Abstandshalter und Weitermacher. Paradoxerweise geht das mit frischer Luft viel besser.

H. hat in den ersten drei Nicht-Rauch-Monaten jeden, der es hören wollte oder nicht, mit seinen Gedanken und Gefühlen zugequatscht. „Das tat mir einfach gut. Ich hatte für mich gelernt, dass Nichtgesagtes eine extrem negative Auswirkung zeigen kann.
Meine Freundin hat nicht darüber reden wollen. Sie raucht heute (nach 7 Monaten Abstinenz) übrigens wieder."

Hilfen und Unterstützung suchen und nutzen

Herr H. macht beim 10-km-Stadtlauf mit. Das war zu der Zeit als er noch tüchtig qualmte. Luft hatte er trotzdem genug. Ab Km 8 kam er mit einem Laufkollegen ins Gespräch. „Gleich, nachdem ich mit dem Rauchen aufgehört habe, habe ich das Laufen begonnen", sagt dieser."Und jetzt habe ich endlich auch genug Luft zum Laufen". Sag mal nix, denkt sich H., Raucher gelten unter Sportlern als unterste Liga.

Dann outet er sich aber doch. „Ich rauche leider noch," sagt er kleinlaut. „Macht nicht". Der Laufkollege gibt sich generös. „Willste denn aufhören?" „Auf jeden Fall, irgendwann", sagt H. „Dann geh doch zu den Allen Carr -Anti-Raucher-Kursen. Da kriegst du das Geld zurück, wenn es nicht funktioniert." Wie blöd, denkt sich H. Ich mache doch nicht mit, um zu scheitern und dann das Geld zurück zu kriegen. Wenn ich was mache, dann will ich es auch durchziehen. Geld zurück, so ein Blödsinn!. Und während H. so in sich reinmeckert, stellt er fest, dass er hier eine absolute K.O.-Strategie verfolgt. Ganz oder gar nicht. In seinem Fall halt „gar nicht". Einen spielerischen Ansatz gönnt er sich nicht. „Wäre mal was Neues. Ich probiere es und wenn es nicht funktioniert, dann finde ich halt einen anderen Weg. Ich bin auf jeden Fall einen Schritt weitergekommen, weil ich weiß, was bei mir nicht funktioniert."
Was H. geholfen hat, waren Austausch mit Exrauchern, Artikel und Antiraucher-Bücher in der Vorbereitungszeit. Am ersten Nichtrauchtag ist H. den ganzen Tag im Bett geblieben. „Das war der einzige Ort, an dem ich nie rauchte und damit gut geeignet, um mir den Einstieg leicht zu machen." Für die ersten Nichtraucher-Wochen hat er sich „Anti-Raucherpillen Zyban" vom Arzt verschreiben lassen. „Nicht jedermanns Sache, viele mögliche heftige Nebenwirkungen, aber mir haben sie geholfen. Ich hatte das Gefühl, Luft zu rauchen. Im Hirn dockte nichts mehr an. Da fiel mir das Lassen leichter."
Auch nicht unbedingt nachahmenswert, aber H. hat es geholfen: „In den ersten Nichtraucher-Wochen habe ich einmal in der Woche bei Rauchern einen Zug geschnorrt, um meinen „Fortschritt" zu testen. Nach drei Wochen haute mir dieser eine Zug so in die Lunge, dass ich völlig geschockt war und sicher war, ich werde nie wieder rauchen. In der achten Woche schmeckte mir der Zug plötzlich wieder. Seit dem habe ich nie wieder einen Zug geschnorrt."

Dem Projekt einen guten Anfang und ein feierliches Ende geben

Das hat H. gemacht, indem er am ersten Nichtrauchertag den ganzen Tag im Bett blieb (am Abend vorher alle Rauchutensilien entsorgte) und angeblich nur ein richtig gutes Buch las .:-) Wenn wir uns richtig erinnern, hörte er gemeinsam mit seiner Freundin auf zu rauchen ...
Das feierliche Ende des Projektes war der Kauf einer Luxusuhr vom gesparten Zigarettengeld.

Umsetzen

Kopfmäßig sind die Dinge einfach. Veränderungsmanager sind aber Gefühle: gute, die man erreichen oder schlechte, die man vermeiden will. Veränderungen brauchen Kraft. Rauchen aufhören oder Gewicht reduzieren geht nicht mal eben so nebenbei. Schon gar nicht unter Stress. Denn unter Stress ist alles, was wir neu dazu gelernt haben (und noch kein Automatismus ist), weg. Wir fallen ruckzuck in unser altes Verhalten zurück. Deshalb darauf achten, dass man entspannt ist.

Man muss die Rechnung zahlen

Nahezu jeder nimmt mehr oder weniger zu, wenn er das Rauchen aufgibt. Das ist der zu zahlende Preis. Früher oder später schwinden die Kilos fast alle. Meistens zumindest.

Durchhaltestrategien

Herr H. raucht jetzt seit zwei Jahren nicht mehr. „Noch ein Jahr - dann habe ich es geschafft!", erklärt er. „Wie?" fragt ihn sein Kumpel, „Ich denke, du rauchst seit zwei Jahren nicht mehr?" „Richtig", sagt H., „aber große Verhaltensänderungen brauchen durchschnittlich zwei Jahre, habe ich irgendwo gelesen. Bis sie richtig in Fleisch und Blut übergehen. Bis sie zu einem neuen Automatismus werden. Erst dann braucht man keine Kraft und Energie mehr. Ich habe für mich herausgefunden, dass ich länger brauche. Drei Jahre dürften passen. Dann bin ich auf der sicheren Seite."
„Aber ein kleines Bäuchlein haste bekommen", foppt der Kumpel.

„Danke für die Untertreibung", erwidert H. „Ich habe exakt 8 kg zugenommen! 3 kg Stoffwechsel und 5 kg Verhaltensstörung sprich Gummibärchen und Schokolade. Aber das wird sich legen. Nur nicht jetzt. Eins nach dem anderen, auch wenn es nervt. Man muss immer einen Preis zahlen."
„Gibt es einen Tipp, wie du dich bei Laune hältst?" „Ja, aber nicht lachen", sagt H. „Manchmal, wenn ich hier durch die Gegend laufe und mir die Leute angucke, die rauchen - die dürre Frau dort, der Bauarbeiter, der Student, der im T-Shirt zum Zigarettenautomaten hechtet, die Krankenschwester da vor der Tür in der Kälte, der Punk, der Bettler, der seine wenigen Centjes in Zigaretten investiert - dann frage ich mich, will ich dazugehören? Freiwillig? Dann atme ich tief durch und bin froh und dankbar, dass ich nicht mehr rauchen muss."

Höppeldipöpps Nichtraucher-Nutzen-Liste

+ Noch mehr Luft beim Laufen.
+ Abends keine kalten Füße mehr.
+ Keine gelben Finger mehr.
+ Keine „Beschaffungskriminalität" mehr (dem Sparschwein vom Sohn auf der Suche nach einem 2-Euro-Stück auf die Pelle rücken) und um 12.00 Uhr nachts in Puschen zum Zigarettenautomaten huschen.
+ Die Wohnung stinkt nicht mehr (Streichen lohnt sich wieder).
+ Muss nun in den Pausen nicht mehr mit Rauchern verbringen, sondern kann mir meinen Umgang frei wählen.
+ Stinke nicht mehr nach Rauch.
+ Gehe nicht mehr lustlos auf Einladungen von Nichtrauchern.
+ Muss beim Zugfahren nicht nach Rauchplätzen suchen, nicht mehr zum Rauchen raus in die Kälte und mir in Hinblick auf rauchfreie Restaurants keine Gedanken machen.
+ Meine Zähne bleiben nach der Zahnreinigung länger „weiß" und das Zahnfleisch ist gesund.
+ Nach zehn Jahren wird sich mein Innenleben so regeneriert haben, als ob ich nie geraucht hätte.
+ Last but not least: Meine Geschmacksnerven haben einen ultimativen Kick gekriegt. Wusste gar nicht, wie göttlich ein Weißbier schmecken kann.   

P.S.: Nach drei Jahren investierte Herr Höppeldipöpp das gesparte Zigarettengeld in eine fette Breitlinguhr, auf die er schon lange scharf war. Sie wird ihn immer an sein erreichtes Ziel erinnern.

P.P.S.: Wer Lust auf Nachahmung hat und wem der Valentinstag am 14. Februar für die Umsetzung zu kurzfristig ist / war, kann auch den 31. Mai (Nichtrauchertag), eine Schnapszahl (6.6., 7.7., 12.12.) seinen Geburtstag oder den Hochzeitstag als Startpunkt nehmen. Jeder andere Tag geht natürlich auch.

Einen langen Atem und viel Freude bei Durchschnaufen wünscht Ihnen Monika Scheddin.

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