falko wilms 2012

Problemlösungsprozesse initiieren

Wertschöpfung und Vertrauen gehören zusammen

Prof. Dr. Falko E. P. Wilms

Vertrauensschaffende Maßnahmen senken die Erwartungsunsicherheiten und die Transaktionskosten gleichermaßen. Damit ist Vertrauen ein Einflussfaktor auf die Höhe der eigenen Wertschöpfung.

Wertschöpfung

Der größte gemeinsame Nenner aller betriebswirt­schaftlicher Konzepte und Modelle ist die Wertschöpfung[i]. Gemeint ist, Produkte und Dienstleistungen so zu produzieren und zu vertreiben, dass Kunden aufgrund einer bestehenden (d. h. durch Marketinganstrengungen erkannte) Zahlungsbereitschaft dafür einen Marktpreis zahlen, der die Kosten der Vorleistungen übersteigt.

Wertschöpfungsprozesse bestehen zuallermeist aus unterschiedlichen Phasen (z. B. Einkauf/Produktion/Verkauf), die durch Schnittstellen voneinander getrennt und zugleich auch miteinander verbunden sind. Die Trennung der Phasen ermöglicht die Zuordnung von speziellen Zuständigkeiten zu einzelnen Stellen, die Verbindung der Phasen ermöglicht einen durchgehenden Fabrikationsprozess. So gesehen bestehen Organisationen aus der gezielten Gestaltung von Schnittstellen mit dem Ziel der Sicherstellung von Wertschöpfung.

Kommunikation

In den Schnittstellen von Wertschöpfungsprozessen (seien sie organisationsintern oder innerhalb eines Netzwerkes oder sonstigen Fabrikationsverbundes) kommen Menschen miteinander in Kontakt, oft in formalisierten Meetings. Bei jedem Ineinandergreifen von menschlichen Handlungen wirken dann sozial geprägte Regeln, Prozesse und Strukturen. Zwischenmenschliche Kommunikation (mit ihren Regeln, Prozessen und Strukturen) ist das gebräuchlichste Mittel zur Herstellung, Aufrechterhaltung und Ausgestaltung des zwischenmenschlichen Kontakts. Siehe Abb. 1.

falko_wilms_140611a.jpg Abb. 1: Direkte Kommunikation

Anderweitig[ii] habe ich diametral zum gängigen Sender-Empfänger-Ansatz von Shannon/Weaver[iii] u. a. ausgeführt, dass in zwischenmenschlichen Kommunikationen

  • alles von einem Beobachter[iv] zu einem Beobachter[v] gesagt wird.
  • die Beobachtung von Mitteilungs-Handlungen eine kognitive Eigenleistung des Beobachters ist und bestimmt, welche beobachtete Handlung als Informationen gilt und welche nicht.
  • Sprechen ist der Versuch, dem Gegenüber
    eigene Gedanken(gänge) sprachlich zugänglich zu machen.
  • Zuhören ist der Versuch, die vom Gegenüber sprachlich dargelegten Gedanken(gänge) zu erkunden, um sie für sich zu verwerten.
  • Schweigen kann der Versuch sein, die gehörten versprachlichten Gedanken(gänge) für sich zu verarbeiten oder nach der Verarbeitung eigene Gedanken(gänge) in für den/die Gegenüber nachvollziehbare Formulierungen umzusetzen.
Es ist also keinesfalls der Informationsaustausch, der Menschen entlang von arbeitsteiligen Wertschöpfungsprozessen miteinander verbindet. Es sind vielmehr Kommunikationsprozesse, in denen die Beteiligten ihre eigenen mentalen Modelle mit dem Ziel versprachlichen, dass die Zuhörenden dadurch auf Gedanken kommen, die sie sonst nicht hätten. Siehe Abb. 2.

falko_wilms_140611b.jpgAbb. 2: Kommunikationsprozesse verbinden

Die Wirkung des Schweigens

Direkte Gespräche, die sich an dem Dialog nach Isaacs[vi] orientieren, legen starken Wert auf die Fähigkeit zu innerem und äußerem Schweigen als Grundlage des Zuhörens und des Sprechens. Beim Zuhören geht es dann primär darum, eigene innere Reaktionen wahrzunehmen[vii] und zu erkennen, was jetzt und hier (warum auch immer) als „wesentlich“ erkannt wird.

Bezüglich des Zusammenhangs von sprechen, zuhören und schweigen in einem zwischenmenschlichen Gespräch gilt grundsätzlich:[viii]

Bei all‘ diesen Aktivitäten ist die tragende Wirkung von innerem und äußerem Schweigen-Können kaum zu überschätzen.

Vertrauensbildende Maßnahmen

In Kommunikationsprozessen entlang von arbeitsteiligen Wertschöpfungsprozessen kann man zumindest am Anfang niemals sicher sein, wie sich ein Gesprächspartner verhalten und was er von einem erwarten wird. Es entsteht Erwartungsunsicherheit. Und ohne Erwartungen über die Erwartungen des Gesprächspartners (= Erwartungserwartungen) kann man nicht wissen, an welche Erwartungen man sein eigenes Verhalten anpassen soll.[ix]

Kommunikation hat also auch die Funktion, positive Erwartungssicherheit und damit auch. Vertrauen aufzubauen und Unsicherheiten bezüglich der negativen Erwartungen des/der Anderen abzubauen. Ein Vertrauen von A zu B entsteht, wenn A in einer bestimmten Situation das positive Verhalten von B recht zutreffend vorhersagen kann. (Gleiches gilt umgekehrt). Hingegen entsteht ein Misstrauen von A zu B, wenn A in einer bestimmten Situation das negative Verhalten von B recht zutreffend vorhersagen kann. (Gleiches gilt umgekehrt).

falko wilms 140611cAbb. 3: Kommunikation schafft Vertrauen

Ich kann mit meinen Kommunikationen beim Gegenüber Vertrauen, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit in meine Person und in mein Handeln aufbauen (Abb.3), indem ich mein (zukünftiges) beobachtbares Verhalten einschätzbar mache, so dass mein(e) Gegenüber wenig Erwartungsunsicherheiten gegenüber mich aufbauen. Ich kann z. B. wertschätzend Zuhören, Zusagen einhalten, bei einer nicht zu vertretenden Unmöglichkeit dem Gesprächspartner schnell eine Mitteilung übersenden oder beim Auftreten eines verschuldeten Mangels eine Mangelbehebung mit Kompensationsleistung anbieten.

Fazit

Vertrauensbildende Verhaltensweisen in der eigenen Kommunikation sind nicht nur aus philanthropischen Gründen angeraten. Vertrauensbildendes Verhalten mindert die Transaktionskosten[x] und erhöht die Wertschöpfung und daher die Marktposition des Unternehmens (Abb. 4).

falko_wilms_140611d.jpg Abb. 4: Wertschöpfung als impliziter Kontext

Es bleibt also bei der oft unterschätzen Redewendung: Wertschätzung[xi] ist Wertschöpfung. Darauf das eigene Kommunikationsverhalten auszurichten, ist ein betriebswirtschaftlich begründeter Rat.

Der Autor:

Dr. Falko E. P. Wilms arbeitet als Trainer, Fasciliator, Berater & Hochschullehrer. Er leitet die Studiengruppe für Organisations-Entwicklung an der FH Vorarlberg in Dornbirn, Österreich.

falko.wilms@fhv.at
www.staff.fhv.at/wf

 

 



[i]    Vgl.: Schierenbeck, H./Wöhle, C. B.: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 17. völl. überarb. u. aktual. Aufl., München 2008, S. 755

 

[ii]   Vgl.: Wilms, F. E. P.: Ein Gespräch hat weder Sender noch Empfänger, in: TrainerJournal 10/12, S. 25

[iii]   Vgl.: Shannon, C. E.:/Weaver, W.: The Mathematical Theory of Communication, Urbana Ill 1949.

[iv]   Vgl.: Maturana, H.: Erkennen. Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit, Braunschweig 1982, S. 8.

[v]   Vgl.: Foerster, H. v.: KybernEthik, Berlin 1993, S. 84f.

[vi]   Vgl.: Isaacs, W.: Dialog als Kunst, gemeinsam zu denken, Köln 2002

[vii] Vgl.: Isaacs, W.: a. a. O, S. 85

[viii] Vgl.: Jancsary, P. M./Wilms, F. E. P.: Tragfähige Veränderungen im eigenen Verhalten; in: Trainer-Kontakt-Brief 01/2007, S. 13

[ix] Vgl.: Luhmann, N.: Soziale Systeme, Frankfurt am Main 1984, S. 396 ff.

[x]   Vgl.: Ebers, M./Gotsch, W.: Institutionenökonomische Theorien der Organisation; in: Kieser, A. (Hrsg.): Organisationstheorien. 3., üb. Aufl, Stuttgart, 1995, S. 225-247, hier: S. 225.

[xi] Vgl.: von Meibom, B.: Gelebte Wertschätzung. Eine Haltung wird lebendig München 2007

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