laukamp u1 3D 500

Leserrezension zu: “Die Nachwuchsführungskraft“ von Marit Höppner

THEMA

Der Titel dieses Buches „Die Nachwuchsführungskraft“ ist programmatisch und weist im Untertitel bereits auf den Ansatz des Werkes hin: „Ihre Probleme, Ihre Lösungen“. Dieser vom Herausgeber selbst als solcher bezeichnete Ratgeber ist für „junge“ Führungskräfte gedacht, also Menschen, die Führungsaufgaben neu übertragen bekommen oder in eine Führungsposition gerade hineinwachsen und die nicht oder kaum die Möglichkeit haben oder hatten, sich auf diese Rolle mit einem entsprechenden Ausbildungsprogramm oder anderweitiger Unterstützung vorzubereiten.

HERAUSGEBER UND ENTSTEHUNGSHINTERGRUND

Bernhard Siegfried Laukamp ist Herausgeber dieses Buches. Durch seine jahrelange Erfahrung als Netzwerker, Herausgeber einer Fachzeitschrift für Weiterbildner und Leiter des von ihm gegründeten Trainertreffens Hannover verfügt Laukamp über eine Vielzahl von Kontakten zu Beraterinnen und Coaches, die Menschen auf ihrem Weg in neue (Führungs-)aufgaben begleiten. Aus diesem Netzwerk wählte er Expertinnen und Experten aus, die einen speziellen Unterstützungsfall aus ihrer Beratungspraxis beschreiben. Sie verfügen nicht nur über langjährige Erfahrung mit dem Thema Führung, sondern sind zudem „spürbar mit ganzem Herzen dabei.“ (S.204) Mit der Verwirklichung dieses Ratgeber-Projekts möchte Laukamp seinem Anliegen Rechnung tragen, Menschen in der verantwortungsvollen Rolle als Führungskraft zu unterstützen. Das vorliegende Buch gibt den Impuls und stellt potentielle Netzwerkpartner*innen vor.

AUFBAU

Zunächst gibt es nach dem Vorwort eine kurze Einleitung des Herausgebers, die einige wichtige Gedanken zum Thema Führung beinhaltet und Tipps zur Handhabung dieses Buches bereithält. Die Leser*innen werden direkt angesprochen, aktiv zu werden: „Nutzen Sie alle sinnvollen Unterstützungsangebote, die Sie bekommen können (...). Der Griff zu diesem Ratgeber war eine gute Entscheidung dazu.“ Brauche ich in einem bestimmten Fall also Rat oder Unterstützung bezüglich einer Führungsherausforderung, kann ich im Inhaltsverzeichnis nach einem Stichwort schauen, das mich dazu anspricht und analog zum geschilderten Vorgehen überlegen, ob ich dies in meinem speziellen Fall ähnlich lösen kann. Es ist folglich nicht notwendig und auch gar nicht sinnvoll, alle Präsentationen nacheinander zu lesen. Es wird explizit dazu aufgefordert, mit den Autoren in Kontakt zu treten. Des Weiteren wird betont, dass ein Ausbildungs- oder Entwicklungsplan unerlässlich ist, um sich kontinuierlich als (Führungs-)Persönlichkeit weiterzuentwickeln.

In diesem Buch werden von insgesamt 21 verschiedenen Expert*inn*en, zum Teil sind diese als Tandem aktiv, 19 Fälle aus ihrer beruflichen Praxis vorgestellt. Auf jeweils zehn Seiten ist der Fallbeschreibung eine Kurzbiografie bzw. eine Beschreibung des beruflichen Hintergrundes und/oder der Einsatzfelder der Beratenden vorangestellt. Dazu, und das ist sicherlich heutzutage - bezogen auf die digitale Ausrichtung der Arbeitswelt - sehr praktisch bis unerlässlich, gibt es Materialien auf einer Unterstützungsseite im Internet, die man auch über einen QR-Code oder die URL unter der Biografie direkt einsehen kann. Am Ende findet man bei nahezu allen Autor*inn*en Hinweise auf die der Arbeit zugrunde liegende Literatur, das reicht von Angabe der eigenen Internetadresse bis hin zur umfangreichen Liste mit achtzehn Verweisen.

INHALT

Auf die inhaltliche Einzeldarstellung der 19 führungskritischen Situationen wird hier aus nachvollziehbaren Gründen verzichtet. Verraten sei jedoch, dass sie sich aus dem gesamten Spektrum anspruchsvoller Führungsthemen speisen. Der klassische Dreiklang Individuum, Gruppe und Organisation findet sich wieder in Themen wie dem der persönlichen Rollenklarheit und Ausdrucksfähigkeit, dem Konfliktmanagement in Teams sowie den Dynamiken und Regeln in Systemen.

Die Expertise der beratenden Autor*inn*en zeugt von einer fundierten beruflichen Erfahrung, die sie über die Jahre sowohl aus eigener Praxis als Führungskräfte und/oder durch Studium der Pädagogik, Psychologie, Sozial- oder Sprachwissenschaften erworben haben. Ausgeübte Berufe wie Logopäde, Physiotherapeut oder Theaterpädagoge runden das Bild versammelter Kompetenzen eindrucksvoll ab.

Die Fallbeschreibung folgt einer stringenten Struktur. Zunächst wird immer die konkrete Situation einer Führungskraft – in Kursivschrift abgesetzt – vorgestellt und somit die Herausforderung, der Konflikt oder schlicht das Problem skizziert. Danach zeigen die Autor*inn*en ihre Herangehensweise und Lösungswege. In der Bearbeitung kommt jeweils eine bestimmte Methode oder ein eigens entwickeltes Modell zum Einsatz. Fettgedruckt hervorgehoben gibt es Tipps, die auch beim Überfliegen durch den Fall leiten. Passende Visualisierungen und grafische Aufarbeitungen veranschaulichen das Vorgehen im Beratungsprozess zusätzlich. Die Dramaturgie des Falles lässt sich durch den wiederum in Kursivschrift gesetzten „Zwischenstand“ der Bearbeitung verfolgen, so dass rasch erfasst werden kann, wie die Entwicklung der eingangs beschriebenen Situation voranschreitet. Im Resümee am Schluss der Fallbeschreibung, meist recht kompakt auf einer halben Seite, wird zum einen häufig noch einmal der Bezug zur hier begleiteten Führungskraft hergestellt, zum anderen aber auch der Bogen wieder weiter gespannt und zusammengefasst, was die einzelnen Aspekte aus dem jeweiligen Fall für das Gesamtthema Führung bedeuten.

DISKUSSION

Wie bereits in der Einleitung ersichtlich, soll dieser Ratgeber keine Anleitung darstellen, an die man sich kochbuchgleich in der Abarbeitung einer Herausforderung halten sollte. Die Anregung des Herausgebers, sich intuitiv beim Lesen des Inhaltsverzeichnisses leiten zu lassen, ermöglicht einen zwanglosen Zugang. Es gibt nicht die eine Lösung und nicht jede gute Methode passt zu jeder Führungskraft in jeder Situation. In der Diversität der Beratungsansätze liegt die Chance für die angehende Führungskraft, Führung als mehrdimensionales Konstrukt zu verstehen, das sich aus wissenschaftlichen Disziplinen und empirisch abgesicherten Methoden speist.

Die Problemfälle berühren das breite Spektrum organisationaler Führungsaufgaben, woraus sich ein hoher Praxiswert ergibt. Die einheitliche Strukturierung (10 Seiten Umfang, Fallbeschreibung, Tipps, Resümee usw.) unterstreicht den Charakter eines Ratgebers und ermöglicht so den punktuellen Zugriff auf ein spezielles Thema je nach Leserbedarf. Mal soll es eher die Diagnose sein (Was ist da los?), mal braucht man den schnellen Tipp (Was soll ich da tun?).

FAZIT

Entgegen dem im Volksmund bekannten Spruch „Ratschläge sind auch Schläge“ bringt dieser Ratgeber keine versteckten Vorwürfe oder Kritik mit sich. Im Gegenteil – die Unterstützung suchenden Leser*inn*en merken sehr schnell, dass hier kein Mangel an Kompetenz unterstellt wird, sondern dass die Herausforderungen als solche bekannt sind und sehr wohl wertschätzend bearbeitet werden.

Umfang und Strukturierung kommen dem Ratgeberformat entgegen und hier hält das Buch „Die Nachwuchsführungskraft“, was in der Einleitung versprochen wird: ein hilfreiches Angebot zu sein. Bezüglich der Angebotsbreite schließt sich ein kleiner Kritikpunkt an. Da die Beratungsangebote alle auf verschiedenste Methoden zurückgreifen, könnte bei dem einen oder der anderen die Frage auftauchen, ob man oder frau sich im Laufe seiner oder ihrer Karriere ein bestimmtes Methodenspektrum aneignen muss und wie dann da eine geeignete Auswahl zu treffen wäre. Hierfür bleibt die Verantwortung natürlich bei den Lesenden, die im Laufe ihrer Führungskarriere dabei sicher interessante Erfahrungen sammeln werden – Holzwege nicht ausgeschlossen. Eine erläuternde Bemerkung mit Hinweis auf die Notwendigkeit, die systemtheoretische Bedeutung der Führungsaufgabe als Teil organisationalen Handelns zu begreifen, hätte einer potentiellen Verunsicherung entgegengewirkt.

Alles in allem liegt hier ein empfehlenswertes Werk vor, das Nachwuchsführungskräfte dazu ermutigt, sich mit Unterstützung auf die Suche nach eigenen Lösungswegen zu begeben und ihre verantwortungsvolle Aufgabe mit ihren individuellen (Lösungs-)Fähigkeiten zu gestalten.

Hamburg, 5.12.2016

Marit Höppner

Weitere Beiträge zum Themenbereich:

Zum Anfang
Our website is protected by DMC Firewall!