(Berlin/Paris – 18. November 2010) Die deutsche Wirtschaft erholt sich gegenwärtig ungewöhnlich kräftig und profitiert dabei vom anziehenden Welthandel. Die ebenfalls steigende Binnennachfrage dürfte zu einem ausgeglicheneren Wachstum beitragen, auch wenn die deutsche Wirtschaft weiterhin einen hohen Überschuss im Außenhandel aufweisen wird. Bereits im Laufe des kommenden Jahres wird Deutschland damit den Vorkrisenstand der Wirtschaftsleistung wieder erreicht haben. Das geht aus dem aktuellen Wirtschaftsausblick der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, der heute in Paris veröffentlicht wurde.
Für 2011 rechnet der Bericht für Deutschland mit einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent und 2,2 Prozent im Jahr 2012. Von der Belebung profitiert vor allem der Arbeitsmarkt, der ungewöhnlich robust durch die Krise gekommen ist. Die nach internationalen Standards berechnete Arbeitslosenquote würde von aktuell 6,9 Prozent in zwei Jahren auf 6,2 Prozent sinken. Das dürfte wiederum Lohnwachstum und Vertrauen der Verbraucher stärken. Der private Konsum würde somit in den kommenden beiden Jahren jeweils um deutlich über ein Prozent zulegen.
Für alle 33 OECD-Staaten zusammen rechnet die OECD mit einem Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent im kommenden Jahr und für 2012 mit 2,8 Prozent. In den USA dürfte das Wachstum von 2,2 Prozent im Jahr 2011 auf 3,1 Prozent im Jahr 2012 anziehen, in Japan dürfte das Wachstum im kommenden Jahr 1,7 Prozent und 1,3 Prozent im Jahr 2012 betragen. Die Schwellenländer werden deutlich schneller wachsen als die OECD-Länder und den Welthandel beflügeln.
Nach Ansicht der OECD sollten die Mitgliedstaaten der Organisation nun mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen zu beginnen, um so den Übergang zu einem selbsttragenden Aufschwung zu bewerkstelligen. „In dem Maße, wie der fiskalpolitische Stimulus entzogen wird, müssen die Regierungen einen glaubhaften mittelfristigen Politikrahmen vorgeben, um die Erwartungen des privaten Sektors zu stabilisieren und das Vertrauen in die Erholung zu stärken”, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. „Verstärktes Vertrauen könnte zu einer noch schnelleren Erholung führen als derzeit prognostiziert.”
Die fiskalische Konsolidierung sollte im Laufe des Jahres 2011 beginnen, sofern sich keine der Risikofaktoren der Prognose einstellen. Zu diesen Risiken zählen für die OECD-Volkswirte ein möglicher erneuter Fall der Immobilienpreise in den USA oder Großbritannien, die hohen Staatsschulden einiger Länder, sowie mögliche Renditeausschläge bei Staatsanleihen.
Die Konsolidierung der Staatsfinanzen sei notwendig, um Defizite und Schulden zu senken und um Handlungsspielräume für künftige Fiskalpolitik zu schaffen. Strukturreformen wiederum könnten helfen, Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln, sowie die Ungleichgewichte im Außenhandel abzumildern. Zudem biete der Schuldenabbau neue Chancen in Form niedrigerer Zinsen mit positiven Wirkungen für das Wachstum. Die Regierungen sollten nun grundsätzlich die automatischen Stabilisatoren wirken lassen. In Ländern mit hohem Konsolidierungsbedarf könnten allerdings zusätzliche staatliche Einnahmen oder Kürzungen von Staatsausgaben nötig sein.
Globale Ungleichgewichte, sowohl innerhalb der OECD als auch gegenüber Schwellenländern, stellten nach wie vor eine Gefahr für die Erholung dar. Die OECD warnt die Regierungen jedoch vor einseitigen Aktionen als Reaktion auf Wechselkursschwankungen. Statt dessen sei eine internationale Zusammenarbeit, insbesondere im Rahmen der Gruppe der G20, gefordert, um einen neuen Protektionismus zu vermeiden.
Grafiken und weitere Informationen zu Österreich und der Schweiz finden Sie auf unserer Internetseite unter www.oecd.org/de/wirtschaftsausblick