„Wechseln Sie doch!“ Eine häufig gehörte politische Aussage zur Förderung des Wettbewerbs. Dies möchte ich auch keineswegs in Frage stellen, zumal ich selbst durch den Wechsel des Stromanbieters gerade 100€ sparen konnte. Und das, obwohl sich der alte und der neue Energieversorger im gleichen Stromkonzern befinden. Anders verhält es sich jedoch im Telekommunikationsbereich: auch hier ist der Wechsel möglich und gegebenenfalls empfehlenswert. Nur: Auf die Reihenfolge kommt es an! Wer hier einen Fehler macht, ist schnell der Dumme!
Beispiel: Sie haben einen DSL-Anschluss 2000 beim Anbieter A, ärgern sich über dessen Serviceleistungen und wollen zum Anbieter B wechseln. Kurzentschlossen kündigen Sie bei A und schließen bei B neu ab. B nimmt Ihren Antrag entgegen während A mittlerweile Ihre Kündigung bestätigt. Dann erhalten Sie vom neuen Anbieter B die Mitteilung, dass zurzeit leider kein DSL verfügbar sei, Sie aber dafür einen ISDN-Anschluss geschaltet bekommen und dafür Gebühren in Höhe von xx € usw. in Rechnung gestellt werden. Für den DSL-Anschluss würden Sie vorgemerkt und zu gegebener Zeit benachrichtigt.
Voller Wut machen Sie von einem Stornierungsrecht Gebrauch und machen umgehend die Kündigung beim alten Anbieter rückgängig. Der nimmt Sie reumütig wie Sie sind gerne wieder auf und teilt Ihnen mit, dass DSL derzeit nicht verfügbar sei.
Tja – was nun? Sie hatten doch einen DSL-Anschluss, haben diesen voll funktionsfähig genutzt und nun dies?
Beleuchten wir den Hintergrund: Fast das gesamte bestehende Kabelnetz für die Telekommunikation gehört in der Bundesrepublik Deutschland dem ehemaligen Staats-Monopolisten Deutsche Telekom. Diese vermietet quasi ihre Leitungen in großen Kontingenten an andere Anbieter (nachfolgend als „Dritter“ bezeichnet) zu günstigeren Preisen. Im ungünstigen Fall mietet der „Dritte“ auch die komplette Technik für die Verarbeitung der Signale bei der Telekom, im günstigeren Fall investiert er in eigene Hard- und Software in der jeweiligen Vermittlungsstelle (auch Knoten genannt).
Im zweiten Fall kann der Dritte die so genannte „letzte Meile“, das ist die Leitung zwischen der Vermittlungsstelle und dem Endabnehmer (also Ihnen) direkt bedienen. Sonst ist hier die Telekom wieder dazwischen geschaltet. Oft, leider nicht immer, ist dies daran zu erkennen, dass die Grundgebühr weiterhin an die Telekom entrichtet wird, während Gesprächsgebühren oder Flatrates an den jeweiligen Anbieter gezahlt werden.
Bei DSL werden höhere Frequenzen für die Übertragung verwandt als bei herkömmlichen analogen Telefon und Telefax-Anschlüssen. ISDN nutzt auch die analogen Frequenzen, jedoch durch die Umwandlung in digitale Übertragungsform. Durch die verschiedenen Frequenzen lässt sich die vorhandene Kupferleitung gemeinsam für alles und dazu parallel nutzen: z. B. im Internet surfen (DSL) und parallel telefonieren und faxen (beides ISDN). Da viele Kupferleitungen in einer Vermittlungsstelle zusammen laufen und von dort die anfallenden Datenmengen weiter transportiert werden, ist irgendwann die gesamte Leitungskapazität dieser Vermittlungsstelle erschöpft. Neue DSL-Anschlüsse müssen dann auf den Ausbau der Leitungskapazitäten (da teuer und gewinnmindernd immer langwierig) oder auf das Freiwerden eines DSL-Anschlusses warten.
Wenn eine Warteliste besteht, ist der gerade gekündigte DSL-Anschluss sofort wieder belegt; konkreter: nicht die eigentliche Rufnummer wird neu vergeben, sondern die freigewordene Leitungskapazität. Und Sie landen wie im obigen Beispiel dann am Ende der Warteliste.
Die richtige Reihenfolge beim DSL-Anbieterwechsel einhalten
Die richtige Reihenfolge ist immer: Behalten Sie bei allem eventuellen Ärger einen klaren Kopf und ein ruhiges Gemüt; beauftragen Sie Ihren neuen auserwählten Anbieter (den „Dritten“) mit allen für den Wechsel notwendigen Aufgaben und der Rufnummernübernahme (ISDN erlaubt bis zu 10 Rufnummern) und kündigen Sie nur das, wozu Sie von Ihrem neuen Anbieter ausdrücklich aufgefordert werden. So behalten Sie beim Wechsel Ihre Leitungskapazität und Ihren DSL-Anschluss, da diese jetzt nicht gekündigt und so aus Sicht der Telekom „frei“ geworden sind, sondern übertragen werden.
Vor Ortswechsel erkundigen, ob Leitungen verfügbar sind
Wer tatsächlich einen Ortswechsel vornimmt, tut gut daran, sich vor Abschluss eines entsprechenden Vertrages sich gründlich über die Verfügbarkeit benötigter Anschlüsse zu informieren. Nach einer von der Telekom auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung getroffenen und von mir persönlich gehörten Aussage „… ist jeder Ort in der Bundesrepublik mit DSL erreichbar!“ Jeder Ort wahrscheinlich ja, aber auch jeder Ortsteil? Dazu schweigt die Telekom.
Der im Internet verfügbare Breitbandatlas ist nach meinen Erfahrungen nicht unbedingt aussagefähig. Ähnliche Kommentare dazu finden sich noch mehr im Internet. Dann gibt es verschiedene Webseiten, die die Überprüfung ermöglichen sollen. Dies trifft nur dann zu, wenn Sie auch Kunde der Telekom sind. Sobald Sie von einem anderen Anbieter Ihren Anschluss bereits beziehen, sind Sie für die Telekom und deren Datenbanken „tot“.
Die Telekom verwaltet ihre gesamten technischen Daten zu Ihren Anschlüssen in einer gesonderten Datenbank, die für die Verbindungsmöglichkeiten zuständig ist. Sobald Sie kein Telekom-Kunde mehr sind, werden Ihre gesamten Anschlussdaten dort gelöscht und Sie sind zunächst grundsätzlich nicht bedienbar. Ein völlig neues Gefühl stellt sich bei solchen Erfahrungen ein: Wenn doch schon Kommunikation zu Raumstationen und zum Mond möglich ist, aber nicht um die Ecke oder zum Nachbarort – dann existieren wohl Parallelwelten. Nur in welcher befindet man sich gerade?
Übrigens: Wenn Sie einen Nachbarn haben, der nur fünf Meter neben Ihnen wohnt und den tollsten und komfortabelsten Telefon- und DSL-Anschluss hat und wenn die Datenbank der Telekom mitteilt, bei Ihnen geht nichts, dann geht bei der Telekom auch nichts! Probieren Sie es mal mit anderen Anbietern. Aber: auch die greifen leider oft auf diese Datenbank zurück. Und die Datenbank wirft „Nein!“ aus, selbst wenn nur Kommastellen an technisch notwendigen Daten fehlen. Toleranzen sind hier nicht vorgesehen.
Es bleibt Ihnen bei einem örtlichen Umzug meist nichts anderes übrig, als örtliche Vertretungen der einzelnen Anbieter aufzusuchen, sich durch kostenpflichtige Hotlines zu quälen (oder von diesen quälen zu lassen) oder letztlich die aus meinen Erfahrungen sinnvollste Alternative: per E-Mail nachfragen und auch auf schriftliche Antwort bestehen (sonst gibt es schnell den Anruf mit Sofort-Vertrags-Abschluss).
In jedem Fall aber: vor und bei jeder Änderung im DSL-Bereich einen „kühlen“ Kopf und überlegt vorgehen!